Für eines sorgen Isabelle Kwiatek und Peter Laber mit ihrem Hausprojekt in Aichach bei den Besuchern mit Sicherheit: Man kommt aus dem Staunen einfach gar nicht mehr heraus. Selten erlebt man so viele Überraschungen und verspielte Details wie in ihrem Holzrundhaus, das einer mongolischen Jurte nachempfunden ist.
Aber der Reihe nach. Wie kam es überhaupt zur Idee, sich für so ein ungewöhnliches Bauvorhaben zu entscheiden? Ausschlaggebend sei der Besuch eines Musikfestivals in Ozora in Ungarn gewesen. "Es gab einen ,Chill-out Dome' in Form eines Rundbaus", erzählt Isabelle Kwiatek. Dort stellte sich für die beiden zum ersten Mal dieses schöne "Rundgefühl", wie sie es bezeichnen, ein.
Wieder zurück in Kärnten haben Kwiatek und Laber auf ihrem Grundstück zuerst eine traditionelle Jurte aufgestellt und gleichzeitig an einem Plan für ein Rundhaus aus Holz getüftelt. Damit wandten sie sich schließlich an die Holzbaufirma von Johann Strauss in Feffernitz, der von der Idee sofort begeistert war. "Eine Herausforderung zwar, aber ich wusste sofort, dass ich das machen will", erzählt Strauss über diese erste Begegnung.
80 Einzelelemente für das Rohgerüst plus Dach wurden in seinem Betrieb vorgefertigt, für die Aufstellung benötigte man eine Woche. Danach war der Hausherr selbst gefordert, denn als gelernter Tischler hat er die weiteren Schritte mehr oder weniger in Eigenregie erledigt. "Eine Wasserwaage habe ich dabei aber nie verwendet", erklärt er. "Wenn es keine geraden Wände und keine Ecken gibt, muss man einfach spontan auf die Gegebenheiten reagieren, da gibt es keinen sturen Plan, nach dem man sich richten kann."
Die Außenfassade besteht aus sägerauem Lärchenholz, die Innenwände aus unbehandelter Fichte. Aber nicht nur beim Bau an sich haben die beiden sich weitgehend von Konventionen verabschiedet, auch die Innenraumgestaltung ist ein Tummelplatz an Individualität. "Es gibt bei uns keine neuen Möbel und schon gar nichts aus einem Möbelgeschäft", sagt Kwiatek.
In Verwendung ist ausschließlich "Ware", die von Freunden oder aus dem Familienkreis stammt und jetzt teilweise eine neue Funktion innehat. So wurde etwa aus der alten Hobelbank aus der Werkstatt des Großvaters ein Schreibtisch und aus den Holztruhen der Oma die Arbeitsflächen in der Küche. "Mein Vater hat nichts weggeworfen und das kommt uns jetzt zugute", sagt Laber. Besonders beeindruckend: Eine Wendeltreppe, die zum Schlafgemach - einer wunderschönen Holzhochbett-Konstruktion - führt, ist aus alten Sesseln gefertigt.
Ein wasserführender Holzofen betreibt eine Fußbodenheizung und sorgt im Winter nicht nur für angenehme Wärme, sondern auch für Warmwasser, im Sommer übernimmt das eine Luftwärmepumpe. Als Lichtquelle im Hauptraum dient neben den Glasfenstern der Außenfassade eine große Lichtkuppel an der Decke, die elektronisch geöffnet werden kann.
Um den Hauptraum herum führt ein breiter Gang - "Das ist wie bei einem Schneckenhaus", sagt Kwiatek -, in den Laber aus Schalbrettern Kastenelemente als Stauraum gebaut hat. Weiteres überraschendes Detail: In den Gangboden ist eine Falltür eingebaut, die mittels Handkurbel zu heben ist und die Treppe in den Keller freigibt.
Stress hätten die beiden beim Bauen keinen gehabt, wie sie betonen. Im Gegenteil. "Wir hatten wahnsinnig viel Spaß", sagt Kwiatek. "Und wir arbeiten gerne an ungewöhnlichen Projekten."
Harald Schwinger