Dachdeckermeisterin Andrea Poglonik leitet seit 18 Jahren den gleichnamigen  Familienbetrieb
Dachdeckermeisterin Andrea Poglonik leitet seit 18 Jahren den gleichnamigen Familienbetrieb © Poglonik

Bemerken Sie bereits eine Zunahme der Dachschäden, die auf extremeres Wetter zurückzuführen sind?
ANDREA POGLONIK: In Graz und Graz-Umgebung sind es hauptsächlich die Sturmschäden. Diese sind hier sehr extrem geworden, da wir in Österreich Spitzen von 180 km/h haben. Das sind dann schon richtige Windhosen, die sich ins Dach hineindrehen. Dabei passiert es durchaus, dass die Dächer mitsamt dem Dachstuhl herunterfallen. Auch Hagel ist in der Region ein großes Thema. Im Gegensatz zu früher tritt Hagel heute außerdem strichweise auf. Bei Hagel kann man relativ wenig Vorsorge leisten.
In großen Teilen Österreichs haben die Bewohner mit Schneelasten auf Hausdächern zu kämpfen. Wie sieht das in Graz aus?
Schneeräumungen haben wir direkt in Graz nur wenige. Schnee- und Eisschäden nach dem Winter merkt man aber auf alle Fälle.
Ab wann wird Schnee auf einem Dach hier gefährlich?
Wir haben am Tag oft 10 Grad Plus, der Schnee beginnt zu schmelzen und kann durch die Eisdecke nicht mehr abrinnen. Durch die Dachabdeckung gelangt das Wasser schließlich in das Dachinnere. Wenn es in der Nacht wieder friert zerreißt das eingetretene Wasser praktisch die Unterkonstruktion. Außerdem besteht momentan ein großer Trend zum Flachdach. Bei diesem kann es zu extremen Problemen kommen, wenn die Unterkonstruktion nicht richtig verbaut wurde. Da kann es auch passieren, dass Dächer aufgrund von Schneelast einbrechen, weil die Statik falsch berechnet wurde.
Gerade in Hinblick auf zunehmendes Extremwetter – sind hier neue Festigkeitswerte nötig?
Es gibt aktuell neue Normen in der Spenglerei, Dackdeckerei und Zimmerei. Für den Sturm müssen zusätzliche Sturmklammern montiert werden, sodass die Ziegel nicht mehr vom Wind fortgerissen werden können. Für die Unterkonstruktion werden jetzt ganz andere Verankerungen vorgeschrieben als früher. Die Bestimmungen variieren abhängig von Region und Seehöhe. Das wurde immer dementsprechend berechnet, sodass hier nichts mehr passieren kann.
Inwieweit kann man selbst vorsorgen?
Das Problem ist in erster Linie, dass heute kostengünstig gebaut wird. Die gesetzlichen Bestimmungen gehen immer nur von der Mindestbelastung aus. Gerade bei der Unterkonstruktion sollte man auf die Qualität achten und die Sparren zum Beispiel um ein paar Zentimeter stärker dimensionieren. Auch ein Schneeschutz kann schon im Vorhinein montiert werden, durch den die Schneelast auf der Dachfläche verteilt wird. Stand der Technik sind außerdem die sogenannten hinterlüfteten Kaltdächer. Bei diesen ist die Gefahr, dass ein Schaden durch Schnee und Eis entsteht, auch sehr gering.