Es ist schon außergewöhnlich: Man steigt in ein Flugzeug, fliegt um die halbe Erde und kommt doch wieder in Europa an. Das Piepsen des Handys mit der SMS-Nachricht "Tarifinfo Frankreich" macht klar, hier ist Frankreich und hier ist die Europäische Union. Blickt man dann im Flughafen auf die Preisschilder – Euro. Alles wie zu Hause. Nein, ganz und gar nicht.
Guadeloupe gehört zu den Kleinen Antillen und liegt im südlichen Karibischen Meer. Um die Form des Schmetterlings, den die Insel hat, zu erkennen, müsste man hoch hinauf. Aber auch herunten erkennt man die großen Unterschiede in der Landschaft: im Osten der flache Teil der Insel mit traumhaften Stränden und den großen Hotelanlagen, dann ein kleiner Kanal und auf der anderen Seite: Basse-Terre. Dort präsentiert sich alles ganz anders.
Mangroven, Bananen, Regenwald
Mangroven, Bananenplantagen und schon sind wir direkt im tropischen Regenwald im Südwesten der Insel. Hinter den Wolken ist der noch immer aktive Vulkan La Soufrière. Hier befindet sich dieses geniale ökologische System, dessen Motor die Regenwolken des Nordost-Passats sind und die mit ungeheuren Niederschlagsmengen das üppige Wachstum fördern.
Vieles ist hier auf dieser französischen Insel wie in Europa (der "Metropole", wie die Bewohner Paris hier nennen) und doch ist alles anders: "Kommt man eine Viertelstunde zu spät, dann ist man pünktlich", schildert die gebürtige Atzbacherin Marianne Mambir, die seit mehr als 40 Jahren auf Guadeloupe lebt, das karibische Leben. Leben mit und in der Natur ist die Devise. Natahalie Belloiseux kennt die Heilwirkung der Tropenpflanzen und weiß, was hilft – ob mit Faltencreme oder einem Haarwuchsmittel.
Natur pur auf Dominica
Was hier in Guadeloupe ziemlich europäisch ist – mit karibischer Gelassenheit, das ist nur 50 Kilometer entfernt ganz anders. Ein kleiner Sprung (mit der Fähre) und schon ist man auf der Naturinsel Dominica. Nicht zu verwechseln mit der Dominikanischen Republik. 70 Prozent von Dominica, dieser nur 700 Quadratkilometer großen Insel, ist mit Regenwald bedeckt.
Die Insel ist daher idealer Drehort für Filme, wie "Fluch der Karibik" – hier war unter anderem der Indian River ein Schauplatz. An diesem längsten Fluss der Insel kann man das üppige Wachstum der Baumriesen im Regenwald erleben.
Garteln wird einem leicht gemacht
Seit 1978 ist Dominica unabhängig von Großbritannien, aber die Spuren der einstigen Kolonialmacht spürt man. Zum Beispiel im Botanischen Garten Roseau. Angelegt wurde er 1890 in der Kolonialzeit. Heute dient der 40 Hektar große Landschaftspark als Erholungsraum für viele Besucherinnen und Besucher. Garteln wird einem auf Dominica leicht gemacht: das ganze Jahr über zwischen 26 und 32 Grad Celsius, viel Sonne, reichlich Niederschlag und vielerorts vulkanische Böden, die besonders fruchtbar sind. Doch auch auf Dominica ist der Klimawandel immer stärker spürbar.
Die Spuren der Wetterextreme sind omnipräsent. Hurrikan David hat im Jahr 1979 die Insel verwüstet, 2017 ist Hurrikan Maria über die kleine Insel gefegt und hat binnen kurzer Zeit mehr als 90 Prozent der Infrastruktur zerstört. Die Natur erholt sich schnell wieder von solchen Naturkatastrophen und auch die Menschen haben gelernt, mit diesen Wetterkapriolen zu leben.
Ein Aussteigerpärchen aus den USA betreut seit fünf Jahren eine Farm. Audrey und Lulu leben "am Ende der Welt", mitten im Regenwald. "Er bietet uns alles, was wir brauchen und das Wichtigste ist, dass wir etwas zu essen haben", schildert Lulu ihr Leben unter ganz einfachen Bedingungen.
Der beeindruckendste Moment ist aber immer dann, wenn man mitten im Nirgendwo einen blühenden Garten findet. Die 92-jährige gebürtige New Yorkerin Anne Baptiste hat dieses blühende Paradies mit eigenem Wasserfall, eigenen Thermalbädern und Orchideen an allen Ecken angelegt. Ihr Garten war die Kraftquelle und ist es noch heute, "auch wenn ich mit dem Gehen schon ein wenig Probleme habe"!