Ein Wohnhaus perfekt in einen Hang zu integrieren, ist immer eine Herausforderung. Daran kann sich auch Architekt Günter Weratschnig (Transform Architects) aus St. Margareten im Rosental mit seinem Bauprojekt in Oberlienz noch gut erinnern. „Die Frage war, wie man es schafft, den Bau so anzulegen, dass er fast im Hang verschwindet und so zu einem Teil der natürlichen Umgebung wird“, sagt Weratschnig. Eines vorweg: Das ist ihm mit der großzügige Familienvilla mit einer Wohnfläche von 210 Quadratmetern perfekt gelungen. In Auftrag gegeben haben sie Bruni und Stefan Pickl, die in Matrei gemeinsam die Tauernapotheke betreiben. Das Grundstück überhaupt zu finden, war für die beiden ein langer Prozess, der sich über rund fünf Jahre zog. „Es hat damals nicht so viele freie Grundstücke gegeben, die unseren Ansprüchen entsprachen“, erklärt Stefan. Wichtig war ihnen, eines in der Nähe von Matrei zu finden. „Wir müssen ja bei einem Notfall innerhalb einer halben Stunde am Arbeitsplatz sein.“ 14 Jahre lang haben die beiden oberhalb der Apotheke gelebt, der Plan, sich ein Haus zu bauen, hatte vor allem damit zu tun, zwischen Arbeit und Wohnen ein bisschen mehr privaten Freiraum zu schaffen. „Sonst kommt man nie richtig zur Ruhe“, sagt Stefan, der im Nebengewerbe noch den Shop „Buongustaia“ betreibt, in dem er nachhaltig produzierte Lebensmittel aus den schönsten Regionen Italiens anbietet. Der großzügige Verkaufsraum mit rund 100 Quadratmetern ist im Kellergeschoss untergebracht. „Dafür einen entsprechende Räumlichkeit zur Präsentation zu schaffen, war eine zusätzliche Motivation für den Hausbau.“ Kennen gelernt haben die Pickls ihren Architekten durch Internetrecherche. Was für die beiden erfreulich war: Weratschnig war ihnen schon bei der Suche des Grundstücks mit wertvollen Tipps behilflich und auch danach verlief die Zusammenarbeit mehr als perfekt. „Wir haben uns jede Woche getroffen und er hat auch die gesamte Baubegleitung übernommen. Das war für uns Gold wert, denn als Laie ist man mit diesen Dingen überfordert“, sind sich die beiden einig.

Von Innen nach Außen

Konkrete Vorstellungen, wie das Haus sein sollte, gab es bei den Pickls nicht. „Die Hauptplanung verlief von Innen nach Außen“, erzählt Stefan. „Wir haben zuerst mit dem Einrichter alles definiert und bevor der erste Bagger gekommen ist, war das Haus innen schon fix geplant.“ Übernommen hat diese Arbeit das Planungs- und Einrichtungshaus „Wetscher“ aus Fügen im Zillertal. Ein Familienunternehmen, das mit ihren Werkstätten zu einer der modernsten und innovativsten Tischlereien Tirols zählt. Von der Konzeption über die Durchführung lieferte das Unternehmen die gesamte Innenarchitektur, von den Böden und Wandfarben angefangen bis hin zu Textilien, Tapeten und maßgefertigten Holzverbauten. Eine große Erleichterung für die Pickls. „Zuerst sind wir selbst durch die Einrichtungshäusern geirrt, haben dann aber bald gemerkt, dass wir auf diese Weise niemals fertig werden“, sagt Bruni. „So wurde alles aus einer Hand von oben bis unten durchgeplant. Das hat uns nicht nur sehr viel Zeit, sondern auch viele Nerven erspart.“ Rund um diese Innenplanung herum hat Weratschnig schließlich einen zweigeschossigen, kubischen und schlichten Baukörper konzipiert, der sich optimal in die Landschaft integriert. „Das wir jetzt hier sind, wo wir sind, war schon ein aufwendiger Prozess“, sagen die Pickls. Gelohnt habe es sich aber allemal. „Wir sind jetzt sehr zufrieden und fühlen uns richtig wohl.“ Ungewöhnlich und auffallend ist die Höhe der Räume, die sich durch die Anpassung der unterschiedlichen Ebenen an die Hanglage so ergeben haben. „Das wurde wirklich perfekt gelöst.“ Trotz der großen Glasfronten, die von der gemütlichen und großzügigen Wohnküche aus einen spektakulären Ausblick auf die Lienzer Dolomiten mit dem Hochstein bieten, ist das Raumklima sehr angenehm. Denn ein klug gedachter Vorbau über den Fenstern verhindert, dass die hochstehende Sonne im Sommer direkt auf das Glas knallt, während im Winter, wenn die Sonne tiefer steht, das sehr wohl der Fall ist. „Da heizt sich das Glas dann auf 40 Grad auf und wärmt den Innenraum“, erzählt Stefan. Zusätzlich zur Wärmepumpe und einem gemütlichen Feuerkamin mit großen Sichtfenstern. Über eine Treppe geht es dann in den ersten Stock, der mit einem Schlafzimmer samt frei stehender Badewanne (Bad en Suite) aufwartet. Wie fasziniert Stefan vom Prozess des Hausbaus gewesen ist, zeigt sich auch in der Anzahl der Fotos, die zur Dokumentation während dieser Zeit entstanden sind. „Rund 6000 habe ich bestimmt gemacht“, sagt er.