Mauern aus Müll: Forscher und Designer aus Belgien und England haben einen nachhaltigen Ziegelstein aus regionalem Abfall entwickelt. Er soll beim Bau eines neuen Gebäudes des Design Museums im belgischen Gent eingesetzt werden. Das Baumaterial bestehe zu 63 Prozent aus regionalem Müll, teilte das Museum mit.
Begonnen habe das Projekt vor rund eineinhalb Jahren, erläuterte die Museumssprecherin Bie Luyssaert. Der kalkbasierte Fassadenziegel sei speziell entwickelt worden, um die CO₂-Emissionen beim Bau des neuen Museumsgebäudes zu reduzieren. Für die Herstellung habe man Abfälle wie zerkleinerten Beton, Weißglas und Kalk aus der Region gesammelt und in einer Produktionsstätte in Gent in die gewünschte Form und Größe gepresst, hieß es in der Mitteilung des Museums. Das Prinzip lasse sich wegen des einfachen Produktionsverfahrens leicht auf andere urbane Umgebungen übertragen.
Gepresst, nicht gebrannt
Der Ziegel werde nicht wie üblich in einem Ofen gebrannt, sondern gepresst und anschließend an der frischen Luft getrocknet, erklärte die Museumssprecherin weiter. Somit sei keine zusätzliche Hitze nötig und die Herstellung des Baumaterials dadurch besonders umweltfreundlich. Durch das spezielle Herstellungsverfahren und den recycelten Abfall werde im Vergleich zu herkömmlichen Ziegeln nur ein Drittel CO₂ verursacht.
Seine Stärke erhalte der Ziegel durch sogenannte Karbonisierung. Der Kalk in den Ziegelsteinen binde beim Aushärten CO₂ aus der Atmosphäre und speichere auf diese Weise Kohlenstoff, erklärte Luyssaert. Der gebundene Kohlenstoff sorge für Festigkeit und Widerstandsfähigkeit und mache die Ziegel so für den Außenbereich einsatzbereit.
Die herkömmliche Produktion von Ziegeln habe durch die hohen Temperaturen zwischen 800 und 1000 Grad Celsius im Brennprozess einen hohen Energieverbrauch, erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. Deswegen könne man mit einem optimierten Brennverfahren, etwa mit grüner Energie, Ziegel nachhaltiger machen.
Vermischt mit Müll
Auch die Beimischung von Recyclingmaterial sei eine Option, den Verbrauch der Ressourcen zu reduzieren. Wegen des Trocknens an frischer Luft statt im Ofen vermutet der Experte eine geringere Belastbarkeit der Ziegel und damit eventuelle Risiken in der Statik von Gebäuden. "Allerdings könnte ein Einsatz von Verkleidungen, also nicht statischen Elementen, möglich sein", erklärte der Experte.
Ken De Cooman, der an dem Forschungsprojekt beteiligt war, sieht den Abfallziegel zukünftig auch in anderen Bauvorhaben. Denn der Ziegel trage dazu bei, den Bau von Gebäuden zu dekarbonisieren – also den Ausstoß von Kohlenstoff zu reduzieren – und die Verwendung lokaler Abfallströme und abgebauter Ressourcen zu bevorzugen, erläuterte der Forscher. "Wir werden allein schon aufgrund der Ressourcenschonung zukünftig immer mehr in Kreisläufen denken und planen müssen und so weit wie möglich vorhandene Materialien weiternutzen müssen", erklärte auch Pakleppa.