Der Begriff Hausberg bekommt in diesem Rahmen eine ganz neue Dimension. Man möchte fast meinen, der Schöckl habe sich extra in Pose geworfen, wie er da vor dem Wohnzimmerfenster im ersten frühsommerlichen Licht badet. „Wir haben als Kinder einfach immer hier gespielt“, erinnert sich Hausherrin Karina Platzer, entspannt an den frei stehenden Küchenblock gelehnt. Ihr Elternhaus befindet sich direkt hinter ihrer neuen Anschrift in Ungerdorf. Ein familiäres Netzwerk, auf das man nicht nur sprichwörtlich bauen kann.
Kein Wunder also, dass die Wahl der Hausbauer auf dieses Grundstück fiel. Nicht nur die Nähe zu Autobahn, Gleisdorf und Graz sowie Karinas Kindheitserinnerungen, auch Christoph Platzers Motto – „Als Steirer will ich von zu Hause aus den Schöckl sehen“ – machten das 5000 Quadratmeter große Grundstück in Plateau-Lage zur optimalen Lösung. Nach jahrelangen Verhandlungen mit der Erbengemeinschaft des Grundstücks, denen es wichtig war, das Grundstück in gute Hände zu geben, ging der Traum im Jahre 2013 schließlich doch noch in Erfüllung.Sieben Jahre später entstand hier innerhalb von acht Monaten Bauzeit ein 220 Quadratmeter großer, mit Zellulose gedämmter Holz-Massivbau mit Flachdach und einer Pool-Anlage. Christoph Platzer, der ursprünglich aus Feldbach stammt: „Wir hatten immer im Hinterkopf, dass wir eines Tages in die Steiermark zurückkommen werden, nur der Zeitpunkt stand nicht fest.“ Der Baugrund war also eine Art „Anker“ in die Heimat, bevor es für das damals noch kinderlose Paar aus beruflichen Gründen nach Basel ging.
Alle Wege führen auf die Terrasse
Nach einigen Jahren in der Schweiz wurden erste Pläne geschmiedet. Immer mit dabei: Karina Platzers Vater, Johann Lammer, der über 35 Jahre Erfahrung im Holzbau verfügt. „Ich habe schon vieles gesehen, deswegen weiß ich, welche Fehler man vermeiden kann. Die Grundform stand eigentlich schnell fest“, erzählt er barfuß auf der Terrasse. „Aber zum Beispiel, wie die optimale Raumgestaltung aussehen sollte, diese Entscheidung dauerte länger.“
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Schließlich sollte aber Enkelin Ivie, die gerade einige Zimmer weiter mit ihrer Oma ganz konzentriert ein Teekränzchen abhält, im November 2019 Stein des Anstoßes sein, wieder nach Hause zurückzukehren. Sie sollte schon hier den Kindergarten besuchen. „Uns war es wichtig, dass es ein modernes, aber auch gemütliches Haus wird, in dem sich unsere Familie wohlfühlt“, führt Karina Platzer aus. Ein besonderes Augenmerk lag daher auf der Terrasse, sie sollte von allen Wohnräumen aus erreichbar sein. Ein Haus, das eine Extraportion Draußen ins Drinnen holt, sollte es also werden. So entstand ein Gebäude in L-Form mit bodentiefen Fenstern, das die Terrasse aus Accoya-Holz auf zwei Seiten umschließt. Diese Holzverarbeitung ist übrigens auch der Grund für die kollektiv nackten Füße der Familie – es splittert nicht.
Spiel aus Licht und Schatten
Auch das Zusammenspiel zwischen der Lage der Zimmer und dem Vordach wurde geradezu minutiös geplant. Schließlich soll es im Sommer auf der Terrasse durchaus sonnig, aber in den Innenräumen nicht heiß sein. Im Winter will hingegen jeder Sonnenstrahl bis zur letzten wärmenden Minute ausgekostet werden. Danach kann dann aber der gemütliche Kaminofen im Wohnzimmer nachhelfen. Johann Lammer: „Jetzt liegen die Zimmer so, dass sie im Sommer erst um 16.30 Uhr das erste Mal in die Sonne kommen.“
Nach drei Jahren Planung und 50 verworfenen Plänen ging es endlich los. Baubeginn war der 20. März 2020. Richtig – das C-Wort. Das Virus sollte auch dafür sorgen, dass die Bauherren nur drei Mal aus Basel anreisen konnten. Stattdessen waren sie gezwungen, den Baufortschritt digital zu verfolgen. Per Webcam, die auf einem Birkenstamm angebracht war. Heute baumelt dort eine Griechenland-Fahne im lauen Lüftchen. „Die Bauhütte haben wir aber abseits hingestellt. Alles mussten sie ja nicht sehen“, sagt der, der immer da war, Papa und Schwiegervater Johann Lammer. „Als Karina und Christoph das erste Mal gekommen sind, stand schon der obere Bereich.“ Klingt ein bisschen nach Hausbauer-Traum? Nicht immer. Die Platzers mussten viele Entscheidungen aus der Entfernung treffen – zum Beispiel jene, wo welche Steckdose hinkommen soll. „Da sitzt man dann vor einem Plan und ist wirklich unsicher“, erinnert sich Karina Platzer, die laut ihrem Mann das „Mastermind“ und die Frau für die Details ist.
Ein ganz neues Erlebnis für die Platzers ist der offene und überaus geräumige Schrankbereich, der sich im Durchgang zu den einzelnen Zimmern befindet. Immerhin hatten die beiden in ihrer Schweizer Zeit nur zwei Kleiderstangen zur Verfügung. „Wir sind drei Mal umgezogen, das geht dann einfach schneller“, so der Geschäftsführer des Softwareentwicklers Parkside.
Ein Schrank(t)raum
Neben dem Schrank(t)raum lässt sich auch ein Blick ins Bad erhaschen, das von einer frei stehenden Badewanne dominiert wird. Sowohl die Tür zum Badezimmer als auch das Bett im Schlafzimmer ist aus Zirbenholz gefertigt. „Wir wollten immer wieder Kontraste schaffen“, erklärt Christoph Platzer beim Rundgang. Bei Türen, Fenstern und Sesselleisten setzte man im gesamten Haus auf eine flächenbündige Ausfertigung, die für ein einheitliches Raumbild sorgt und auch den Hausherren ins Schwärmen bringt.