Erst nach dem Bau, wenn das Haus bewohnt wird, zeigt es sich, ob man bei der Planung an alles gedacht hat. Seit fünf Jahren leben Katrin Fürnschuß und Stefan Ohler nun in einem Haus, das bis ins kleinste Detail selbst erdacht ist – und ziehen Bilanz: „Es gibt keinen Bereich, den wir anders machen würden.“
Während des Architekturstudiums absolvierten sie ein Auslandssemester in den Niederlanden, später arbeiteten sie fünf Jahre in London, lernten andere Wohnformen kennen und ließen sie in die Planung einfließen. Das eigene Haus sollte an einem Hang in der Südsteiermark entstehen, aber ohne „Eingegrabener-Keller-Situation“, wie Stefan Ohler betont. „Wir wollten das Gefühl haben, in jedem Stockwerk hinaus in die Natur zu können.“
Steirisches Langhaus
So räkelt sich das Haus nun am Hang, fügt sich mit seinen drei Ebenen wunderbar in die Landschaft ein. Im Kern stellt es die Urform eines steirischen Langhauses nach, „mit dem Steildach ist es proportional von dem Typus abgeleitet“, erklärt der Bauherr. Ergänzt wurde um Nebenflächen mit Flachdächern. Statt auf Stein baut man hier auf Holz und Beton.
Auf ausgedehnte Weingärten fällt der Blick, das Panorama ist überwältigend und reicht bis zur Koralm. Deshalb setzte das Paar auch auf einen ungewöhnlichen Baustoff. Statt der üblichen etwa 25 Prozent an Glasflächen, die großflächig meist im Wohnraum zum Einsatz kommen, besteht das gesamte Haus zu 70 Prozent aus Glas. Darunter eine Vielzahl an breiten „Hebeschiebetüren“, wie Daniela Katzbeck erklärt, mit deren Unternehmen das Paar die Glasflächen verwirklichte. Um der Konstruktion Halt zu geben, wurde zuerst der Betonkern über zwei Geschoße gefertigt, dann kamen Holzriegel- und Glaselemente an die Reihe.
Energiekörbe für das Raumklima
Im Winter dringt die tief stehende Sonne von morgens bis abends in jeden Winkel der offenen Räume vor. Durch die Energiekörbe im Garten herrscht ein wohliges Raumklima, an heißen Tagen dient das Erdwärmesystem auch zur Kühlung der Räume. Das Sonnenlicht trift auf naturbelassene Holzwände – Esche, Weißtanne, im Außenbereich Lärche. Keine Wand, ob Holz oder Beton, wurde gestrichen.
Auch Staumöbel sind überflüssig, alles, was es zu verräumen galt, wurde vorab geplant – etwa in der Küche. Das Kochequipment steht unter der rund elf Meter langen Arbeitsplatte griffbereit. Auch der Fernseher zeigt sich nur bei Bedarf – auf Knopfdruck gleitet er aus dem Boden in Sichthöhe. Mit der Herstellerfirma entwickelte der Hausherr dafür eine eigene, verstärkte Konstruktion.
Ein gelber Stuhl ist Blickfang in der oberen Ebene. Moderne Möbel bilden mit ausgewählten Stücken von der Oma und anderen Antiquitäten einen spannenden Kontrast in der Einrichtung. Auch im Außenbereich hat man eine alte Hütte auf dem Grundstück belassen. „Hier zu wohnen fühlt sich an wie Urlaub“, sagt Stefan Ohler, lehnt sich entspannt zurück und beobachtet, wie das Feuer in dem hängenden Kamin langsam an Kraft gewinnt.
Birgit Pichler