"Dunkle Gewitterwolken“ sieht Hanns Kottulinsky auf die rund 4000 Kleinwasserkraftwerke in Österreich zukommen. Die Auflagen werden immer umfangreicher, für die Betreiber sei kaum Rechtssicherheit gegeben und politischen Rückenwind vermisse er ebenfalls, so Kottulinsky, der in Neudau selbst ein Kleinwasserkraftwerk betreibt und sich seit vielen Jahren auch im Verein Kleinwasserkraft engagiert. Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte seien diese Entwicklungen für ihn völlig „unverständlich“.

Bundesweit würden die Kleinwasserkraftwerke fast sieben Terawattstunden Strom erzeugen, „das entspricht dem Bedarf von 1,8 Millionen Haushalten“. In der Steiermark zähle man 650 Anlagen. „Wir liefern direkt ins Netz, wir sind die Energie-Nahversorger“, so Kottulinsky, der auf Effizienz, hohen Wirkungsgrad und ständige Verfügbarkeit verweist.

Doch trotz der CO2-Problematik, „auf die wir schon vor mehr als 20 Jahren hingewiesen haben“, hätten sich die Rahmenbedingungen sukzessive verschlechtert. „Sie sind katastrophal, in Österreich wird gegen die Wasserkraft gepestet“, so Kottulinsky, der attestiert: „Kein erneuerbarer Energieträger wird so schlecht behandelt wie die Wasserkraftwerke.“ Dabei sei es aus seiner Sicht „ein riesiges Glück, dass Österreich ein Wasserkraft-Land ist, mit jeder Kilowattstunde Strom aus Wasserkraft ersparen wir uns 0,75 Kilogramm CO2, die bei kalorischer Erzeugung entstehen würde“.

„Waren nie gegen naturerhaltende Maßnahmen"

Erst vor Kurzem warnte indes der WWF, dass Österreichs letzte Flussparadiese in Gefahr seien. Die Wasserkraft sei zwar eine erneuerbare Energieform, „allerdings haben die Staumauern, Ableitungen und künstlichen Wasserstandsschwankungen dramatische Folgen für die betroffenen Flüsse“, so der Befund der Naturschützer, die Österreich hinsichtlich neu geplanter Projekte sogar im „negativen Spitzenfeld“ Europas sehen.

Vorwürfe, wonach „wir die Flüsse ökologisch zerstören, die Fauna vernichten, Fische umbringen und eben die Flüsse sterben lassen“, sind für Kottulinsky nicht neu, aber unverständlich. „Wir sind und waren ja nie gegen naturerhaltende Maßnahmen, das zeigen ja die immensen Investitionen, etwa in Fischaufstiegshilfen.“ Dass man sich in einer Zeit, in der die CO2-Problematik dramatischer denn je sei, auf die Wasserkraft einschieße, könne und wolle er nicht verstehen. „In Österreich werden insgesamt nur noch 60 Prozent Eigenversorgung durch Erneuerbare erreicht, der Rest muss aus Großkraftwerken mit Atom- und Kohlestrom aus den Nachbarländern importiert werden“, so Kottulinsky.

Hanns Kottulinsky
Hanns Kottulinsky © (c) Juergen Fuchs (FUCHS Juergen)

Ein besonderer Dorn im Auge ist den Kleinwasserkraftbetreibern die Art, wie Österreich die Wasserrahmenrichtlinie der EU umsetzt. Diese soll sicherstellen, dass die Flüsse in den Mitgliedsstaaten bis spätestens 2027 in einen möglichst naturnahen Zustand gebracht werden, was für die Kraftwerksbetreiber immer schärfere Auflagen mit sich bringt. „Österreich legt die Richtlinie viel zu streng aus. Man betreibt hier Gold Plating, um in Brüssel zu gefallen“, kritisiert Kottulinsky. So seien die vorgeschriebenen Restwassermengen in den Flüssen höher angesetzt als nötig.

In der Konsequenz führe diese Handhabung zu mangelnder Rechtssicherheit. „Mir selbst wurde für mein Kraftwerk vor einigen Jahren eine Fischaufstiegshilfe vorgeschrieben, die ich dann auch gebaut habe. Jetzt kommt die Behörde und verlangt eine neue, weil die damalige nicht mehr den neuen, inzwischen noch strengeren Richtlinien entspricht“, erzählt Kottulinsky. „So kann man nicht arbeiten, wenn ständig neue Auflagen kommen.“

Bernd Lippacher, Landessprecher des Kleinwasserkraftverbands
Bernd Lippacher, Landessprecher des Kleinwasserkraftverbands © (c) Juergen Fuchs (FUCHS Juergen)

Zumal die Förderlandschaft in Österreich dürr sei, wie Bernd Lippacher, Landessprecher des Kleinwasserkraftverbands, kritisiert. „Die Warteschlange für die Fördermittel ist lang und man bekommt sie nur für 13 Jahre gewährt. Das müsste dringend ausgeweitet werden.“
Das grundsätzliche Potenzial für den Kleinwasserkraftausbau schätzt Lippacher als nach wie vor hoch ein. Allerdings nur, wenn die Rahmenbedingungen angepasst würden. „Sonst besteht die Gefahr, dass es in Zukunft keine Kleinwasserkraft mehr geben wird.“