Noch nennt die Erste Bank Österreich ihre Innovation „Experiment“, den Beginn einer „Reise“. Auf die will die Bank jetzt schon jeden mitnehmen, der Fragen rund ums Geld hat. Einfache, verständliche Antworten bekommt er dann in der Sekunde, generiert von Künstlicher Intelligenz (KI). Und zwar kostenlos, ohne Werbung oder versteckte Produkthinweise unter www.erstebank.ai (nicht.at!).
„Kann ich mir diese Wohnung leisten?“ ist etwa eine mögliche Frage. Die KI auf Basis von ChatGPT und open.ai rechnet dann vor, wie viel man netto verdienen muss, um die Wohnung abbezahlen zu können. Oder man hat seinen PIN-Code vergessen, die KI hilft. Ein anderes witziges Beispiel: „Was sind Anleihen. Antwort in einem Gedicht.“ Was da kommt, ist kein Goethe, aber selbst wäre einem sicher nicht so schnell eingefallen zu schreiben: „Anleihen sind wie ein Band der Zeit, ein Vertrag, der Geld verleiht.“
Wiener Entwickler
„Financial Health Prototype“, so sperrig nennt die Bank ihren digitalen Überflieger, der der erste dieser Art in Europa sein soll. Im Namen steckt Sinn, den erklärt die Chefin der Erste Bank Österreich, Gerda Holzinger-Burgstaller, so: Guter Umgang mit Geld und Finanzwissen sorge für Wohlstand. Wer sich mit Geldfragen beschäftige, kümmere sich um seine finanzielle Gesundheit. „Wir haben mit diesen Tools sehr viel mehr Möglichkeiten, als wir sie in der Vergangenheit hatten, unser gesamtes Wissen einfach zur Verfügung zu stellen“, sagt sie. „Wir erreichen sehr viel mehr Menschen. Und vielleicht erreichen wir jemanden mitten in der Nacht am Sofa und bewahren die- oder denjenigen vor einer Überschuldung. Dann ist uns wirklich viel gelungen.“ Den Chatbot für alle offen zu halten, erachte man als gesellschaftlichen Auftrag.
Die Erste werde das Beste mit KI machen und als Erste auch ihrem Namen alle Ehre machen, Jobs werde das nicht kosten, so die Bankerin. Hinter dem „Financial Health Prototype“, der technisch nicht mit der Bank verknüpft ist und keine Daten sammelt, stehen als Entwickler die Wiener Unternehmen „We are WILD“ und „papabogner“. Trainiert wurde er mit Tausenden Chats von Erste-Experten in drei Monaten. In der Datenbank sind derzeit 3400 Einträge hinterlegt. Diese Basis wird ständig anwachsen.
KI bald auch für George
„Wir haben viele Innovations-Projekte“, so Holzinger-Burgstaller. „Aber das hier hat alle beteiligten Mitarbeiter fasziniert.“ Mittelfristig wolle man KI auch für die eigene Banking-Plattform „George“ nutzen. Zum Beispiel als Unterstützung bei den Einnahmen und Ausgaben. Der Fantasie seien dabei grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Aber die Qualität solcher Lösungen habe oberste Priorität.
Noch könne man nicht ausschließen, dass die Verknüpfungen, die die KI auf Basis des eintrainierten Wissens selbst generiert, nicht auch sogenannte "Halluzinationen" produzieren. Deshalb ist es zumindest laut Holzinger derzeit noch offen, wann die Erste Bank mit KI auch in der eigenen Produkte-Welt kommerziell an den Start geht.
Claudia Haase