Die schwache wirtschaftliche Erholung in China treibt Unternehmen in Europa und Amerika Sorgenfalten auf die Stirn. Nach der Abkehr von der strikten Corona-Politik kommt die Konjunktur in der Volksrepublik langsamer als erwartet in Fahrt, was zahlreiche Firmen nun zu spüren bekommen.

"Die Öffnung Chinas nach der Null-Covid-Politik war in jeder Hinsicht enttäuschend", bringt es Analyst Ross Mayfield vom US-Finanzdienstleister Baird auf den Punkt.

Schlechte Nachrichten

Für in China tätige Unternehmen seien das schlechte Nachrichten.
Erste Spuren davon zeigen sich in den jüngsten Quartalsbilanzen von
Firmen aus ganz verschiedenen Branchen – Industrie, Luxusgüter,
Chips. Die Sorge vor dem, was da noch kommen könnte, nimmt zu.

China, weltweit die zweitgrößte Volkswirtschaft hinter den USA
und lange Wachstumsmotor der globalen Konjunktur, machen maue
Exporte, ein schwächelnder Konsum, der kriselnde Immobilienmarkt und
eine rekordhohe Jugendarbeitslosigkeit zu schaffen.

Einbruch bei den Bestellungen

Das Bruttoinlandsprodukt wuchs von April bis Juni nur um 0,8 Prozent im
Vergleich zum Vorquartal. In der gerade angelaufenen Bilanzsaison,
in der die Unternehmen Zahlen für genau diesen Zeitraum vorlegen,
ist das schwache China-Geschäft bereits ein großes Thema.

So berichtete der Schweizer Industriezulieferer ABB über einen
Einbruch der Bestellungen in China, seinem zweitgrößten Markt, um
neun Prozent.

Der finnische Aufzugbauer Kone verzeichnete wegen der
nachlassenden Aktivität auf dem chinesischen Immobilienmarkt einen
Auftragsrückgang von 13 Prozent.

Auch beim Schweizer Rivalen Schindler ging die Nachfrage nach neuen Aufzügen zurück. Der chinesische Markt macht bei Schindler rund 17 Prozent und bei Kone etwa ein Drittel des Umsatzes aus. Beim US-Techgiganten Apple schrumpften die Umsätze in der Volksrepublik im Märzquartal um 2,9 Prozent auf 17,8 Milliarden Dollar. Damit ging der Umsatz des wertvollsten Unternehmens der Welt in China stärker zurück als die Gesamteinnahmen, die um 2,5 Prozent schrumpften.

Schlechter Ausblick für die Luxusbranche

Auch die Luxusbranche hat sich mehr Nachfrageschub aus China
gewünscht. Zwar zogen die Umsätze von Richemont, Swatch und Burberry in China kräftig an.

Der Ausblick des Schweizer Uhren- und Schmuckkonzerns Richemont sei jedoch wegen der Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik "irgendwie gemäßigt" gewesen, hieß es bei den Analysten von Bernstein nach einer Telefonkonferenz mit dem Management. Nächste Woche legen der Louis-Vuitton-Konzern LVMH und die Gucci-Mutter Kering Zahlen vor.

Westliche Autobauer bangen

Für westliche Autobauer wie BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen
wird das Klima auf dem weltgrößten Pkw-Markt ohnehin rauer.

Einerseits tobt bei E-Autos ein ruinöser Preiskampf, den Tesla
ausgelöst hat. Der US-Elektroautobauer will sich damit gegen
aufstrebende Konkurrenten wehren.

Heftige Rabattschlacht

Die Rabattschlacht wird durch die Konjunkturschwäche angeheizt, weil die Hersteller bei sinkender Nachfrage um Marktanteile kämpfen. Im Juni schrumpften die Fahrzeugverkäufe in der Volksrepublik aufgrund der strauchelnden wirtschaftlichen Erholung zum ersten Mal seit mehreren Monaten.

Der deutsche Branchenverband VDA geht davon aus, dass die
Marktschwäche in China vorerst anhalten wird: Der Trend einer
abnehmenden Dynamik, der sich im Juni gezeigt habe, werde sich wegen
des starken zweiten Halbjahres 2022 mit entsprechend hohen
Vergleichswerten in den kommenden Monaten fortsetzen.

Spannungen mit China

Zusätzlich zum schwächelnden Wirtschaftswachstum in China lassen
die wachsenden Spannungen zwischen Peking und dem Westen bei vielen Unternehmen die Alarmglocken läuten, insbesondere im Bereich der
Halbleiter. Die USA haben den Export von Hochleistungschips und von
Maschinen zur Chipproduktion eingeschränkt, China führt im Gegenzug
Exportkontrollen für bestimmte Rohstoffe ein, die für die
Chipherstellung gebraucht werden.

Mit Spannung werden deshalb die für nächste Woche angekündigten Quartalsberichte des niederländischen Chipkonzerns NXP Semiconductors und des US-Konzerns Texas Instruments erwartet, sie gelten als Barometer für die Chipnachfrage. NXP macht 36 Prozent seines Umsatzes in China, Texas Instruments rund die Hälfte. Analysten erwarten bei beiden teils kräftige Umsatzrückgänge.