Pünktlich zum bevorstehenden Milliardenumbau steht der Voestalpine-Konzern finanziell so gut da, wie seit dem Böhler-Uddeholm-Kauf vor fast 20 Jahren nicht mehr. Trotz des Ukraine-Kriegs, hoher Energiepreise und schwächelnder Konjunktur ist es für den Hightech-Stahlhersteller im Geschäftsjahr 2022/23 glänzend gelaufen. „Wir haben erneut Rekordzahlen, konnten beim Umsatz und Ergebnis zulegen,“ so Konzernchef Herbert Eibensteiner.
Höhere Preise trieben den Umsatz um 22 Prozent auf 18,2 Milliarden Euro in die Höhe. Unter dem Strich blieben dem Konzern zwar mit 1,2 Milliarden Euro um gut elf Prozent weniger Profit übrig. Im Vorjahr hatte der 80-prozentige Verkauf des HBI-Roheisenwerkes in Texas den Gewinn um gut 260 Millionen Euro aufgefettet. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) war 2022/23 mit 1,6 Milliarden Euro rund hundert Millionen Euro besser als vor einem Jahr.
"Alltime High"
Eibensteiner zeigt sich sichtlich stolz über ein „Alltime High“ bei der Eigenkapitalausstattung. Der Schuldenstand sei fast historisch niedrig, nämlich auf einem Niveau wie vor der Milliarden schweren Übernahme von Böhler-Uddeholm 2006/2007. Gelungen ist das Finanzchef Robert Ottel zufolge trotz enormer Energiekosten von 1,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 860 Millionen machten die Energiekosten 2021/2022 aus, 416 Millionen waren es 2020/2021.
"Für Abschwung und Transformation gut aufgestellt"
„Finanziell ist der Konzern für einen Abschwung und die Transformation hervorragend aufgestellt,“ erklärt Ottel Mittwoch bei der Bilanzpräsentation. Wie berichtet, will die Voestalpine sich in vielen Etappen in einen CO2-neutralen Stahlhersteller umbauen und dafür in der ersten Stufe 1,5 Milliarden Euro ausgeben. Vorstand Franz Kainersdorfer freut sich bereits darauf, nach drei Jahren Vorbereitungszeit demnächst den Startknopf auch in Donawitz drücken zu können, wo genau wie in Linz ein neuer Elektrolichtbogenofen gebaut wird.
Der vom Klimaschutzministerium aufgelegte Transformationsfonds für die Industrie dürfte hier erstmals in großem Stil zum Tragen kommen. Die Mega-Investition in das Produkt „greentec steel“ gilt als Vorzeigeprojekt. Eibensteiner erwartet eine Fördersumme im hohen zweistelligen Millionenbereich. Beim EU ETS-Innovationsfonds ging der Konzern dagegen leer aus.
Sparten mit regelrechtem Boom
Manche Sparten für Spezialstähle erleben derzeit einen regelrechten Boom. „Wie Phönix aus der Asche“ sei in Kindberg die Produktion für Nahtlosrohre wieder losgegangen, so Kainersdorfer. Besonders hoch sei die Nachfrage im Energiebereich, der Öl-und Gasindustrie, aber auch immer mehr im Bereich der Erneuerbaren, betont Eibensteiner. Bei Spezialstählen für die Flugzeugindustrie arbeite man in Kapfenberg an der Kapazitätsgrenze, so Vorstand Franz Rotter. Bis Ende 2023 soll hier das neue Edelstahlwerk in Vollbetrieb sein, „dann werden wir alle Vorteile lukrieren können,“ sagt Rotter.
Beim Ausblick ist der Voestalpine-Vorstand wie immer vorsichtig, heuer aber besonders. Denn zumindest in der Hauptdivision Stahl sind die Zeiten überhitzter Konjunktur wie im ersten Halbjahr des Vorjahres vorbei.
Claudia Haase