Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hielte es im Rahmen von Maßnahmen gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges für geopolitisch klüger, die Einfuhr von Öl und Metallen aus Russland zu stoppen als die Gasimporte. Die bisherigen Sanktionen gegen das Land hätten nicht genug gewirkt, weil Moskau aus dem Verkauf von Öl, Gas und Metallen Devisen einnehme und den Rubel damit stützen könne, gab Felbermayr in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Mittwoch) zu verstehen.
Die Sanktionen gegen Russland würden nicht so stark wirken wie zunächst angenommen. "Uns hat etwas überrascht, dass der Rubel nicht stärker eingebrochen ist, weil die Russen eine clevere Abwehrstrategie verwenden", so Felbermayr. Zwar dürfe die Zentralbank nicht mehr auf ihre Guthaben im Westen zugreifen. Denn eigentlich würde sie, um die russische Währung zu stützen, jetzt Rubel kaufen und Devisen verkaufen, das gehe aber nicht. Dafür würden nun die Devisen aus dem Öl- und Gasverkauf verwendet.
Einschränkungen bei Erdöl, Gas und Metallen
"Will man also wirklich Druck auf (Wladimir) Putin aufbauen, wird man vermutlich über Einschränkungen bei Erdöl, Gas und Metallen sprechen", meinte der Wifo-Chef in den "OÖN". Freilich wären Sanktionen bei Öl für Russland auch leichter zu umgehen. Bei Gas gebe es in Europa sehr unterschiedliche Zugänge – je nach Grad der Abhängigkeit von russischem Gas –, eine Uneinigkeit könne man hier nicht brauchen, auch nicht mit den USA, so der Wifo-Chef: "Das würde der Kreml sofort ausnützen. Daher meine ich, es geht aus geopolitischen Gründen zunächst um Erdöl und Metalle."
Bis sechs Prozent Inflation "optimistisch"
An der Frühjahrsprognose für Österreich, die am 25. März vorgelegt werden soll, rechne man derzeit gerade, "aber es ist so schwierig wie noch nie – noch schwieriger als zur Hoch-Zeit der Gesundheitskrise". Dass es heuer nur fünf bis sechs Prozent Inflation geben könne, sei "schon recht optimistisch", meinte Felbermayr auf eine Frage: "Wir steuern, das kann man jetzt schon sagen, Richtung Stagflation, also eine hohe Inflationsrate und ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum."
"Krieg macht uns nochmals ärmer"
"Wir sind wegen der Pandemie um rund viereinhalb Prozent ärmer, als wir es mit einem normalen Wachstum wären. Und ein Krieg mitten in Europa macht uns noch einmal ärmer", so der Wifo-Chef. Da helfe auch keine gute Kommunikation und keine kluge Geldpolitik, "das alles wird Wohlstand kosten".