Am Freitag wurde die neue Mega-Chipfabrik von Infineon offiziell eröffnet. Bis zur Aufnahme des Vollbetriebes spätestens 2025 wird Infineon 1,6 Milliarden Euro in das Werk investiert haben. Es ist ein Hoffnungsträger der europäischen Mikroelektronikindustrie und ein Beitrag gegen den globalen Chipmangel. „Die Kunden reißen uns die Chips aus der Hand, das Timing ist perfekt“, sagte Infineon-Vorstand Jochen Hanebeck gestern in Villach.
Die neue Megafabrik ist für den Infineon-Konzern von ausgesprochen großer strategischer Bedeutung. Die nun mögliche identische Produktion der 300-Millimeter-Dünnwafer in Villach – hier wurden sie entwickelt – und dem virtuellen Zwillingswerk Dresden dürfte schon in vier Jahren für rund fünf Milliarden Euro mehr Umsatz jährlich sorgen.
Kommentar
Konzernchef Reinhard Ploss, dessen persönliche Karriere engstens mit Villach verwoben ist, sprach kurz vor der Eröffnung von einem „unglaublich wichtigen Tag für den Konzern“. Für den Start könnte angesichts der boomenden Märkte „der Zeitpunkt nicht besser sein“.
"Wurzel der Halbleiterei"
Villach bezeichnete Ploss als „Wurzel der Leistungshalbleiterei“. Mit den hier produzierten Chips leiste man einen erheblichen Beitrag zur Einsparung von CO2. 400 hoch qualifizierte Jobs werden durch das neue Werk geschaffen, rund zwei Drittel der Stellen sind besetzt. Die hoch automatisierten Fertigungen in Villach und in Dresden wurden komplett standardisiert. Das bedeutet, die Schaffung eines identischen dritten oder vierten Werkes wäre jederzeit möglich. „Wenn man im Schnitt neun Prozent jährlich wächst, dann ist ab und zu auch ein neues Werk drin“, bestätigte Ploss. „Wir werden primär an den bestehenden Großstandorten Dresden, Villach und Kulim (Malaysia, Anm.) investieren.“
"Nicht noch ein solches Drama"
Zweifellos wird Infineon eine zentrale Rolle spielen, wenn die EU-Kommission sich angesichts der Covid- und Chipkrise auf die Fahnen heftet, die weitgehend nach Asien abgewanderte, aber strategisch so elementare Halbleiterindustrie in Europa wieder massiv zu stärken. „Es ist übergeordneter Konsens, dass mehr zu tun ist“, so Ploss. Dabei müsse es um die gesamte Wertschöpfungskette gehen, inklusive der Maschinenbauindustrie, ohne allerdings von der Pike auf alles selbst machen zu wollen. Auch gelte es „viel Geld in die Hand zu nehmen“. Infineon will künftig auch neue Wege in der Zusammenarbeit mit Kunden gehen. Wenn es um den Aufbau großer Kapazitäten gehe, werde man diese dafür mit ins Boot holen und daran beteiligen. Ploss: „Ein solches Drama sollte sich die Industrie nicht noch einmal einplanen.“
"Noch größere Skaleneffekte"
Durch den virtuellen deutsch-österreichischen Zusammenschluss für die 300-Millimeter-Wafer erwartet Infineon-Vorstand Hanebeck, „dass wir bei Innovationen schneller werden, wir bekommen noch größere Skaleneffekte“. Mit den Mengen an Hochleistungs-Chips, die Infineon hier künftig produzieren kann, ließen sich so viele Fotovoltaikmodule bestücken, dass diese Deutschland, Italien und Frankreich zusammen mit Strom versorgen und mehr als 300 konventionelle Kraftwerke ersetzen könnten, wählt Ploss einen ungewöhnlichen Vergleich.
"Gelungen, das Vertrauen zu erfüllen"
„,Tech for green’ ist für uns Leitmotiv und Herausforderung. Wir sind bereit und entschlossen, diesen Beitrag noch deutlicher und stärker zu leisten,“ kündigt Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten an. Nicht einmal die Pandemie habe die Umsetzung des großen Plans in Villach gestoppt. „Wir liefern – in jeder Hinsicht. Es ist uns einmal mehr gelungen, das Vertrauen, das in einen Standort gesetzt wird, zu erfüllen.“