Ein Drittel der gesamten Energie in Österreich fließt in die Industrie. Ohne Mitarbeiter der Industrie ist die Klimaneutralität daher nicht erreichbar. 2018 wurde deshalb der Arbeitskreis "New Energy for Industry" (Nefi) gegründet. Träger sind das Austrian Institute for Technology (AIT), der Energiesparverband Oberösterreich, die Standortagentur Business Upper Austria und die Montanuniversität Leoben, wo im Nefi-Lab die Innovationszentrale des Projektes angesiedelt ist.

Nach drei Jahren Arbeit sind die Forscher sicher: "Die Versorgung der Industrie zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie ist möglich", sagt Wolfgang Hribernik vom AIT bei den Technologiegesprächen in Alpbach. Die technischen Lösungen werden in Nefi mit einzelnen Forschungs- und Demonstrationsprojekten untermauert. "Sie sollen zeigen, was funktioniert und wie verschiedene Technologien - auch wirtschaftlich - performen." In bisher 17 Projekte fließen insgesamt 24,6 Millionen Euro, "typischerweise hebeln diese Mittel noch einmal so viel seitens der Industrie".

Hitze-Autobahn und Sauerstoff-Gas

Durch die Verankerungen an der Montanuniversität seien sehr viele Projekte auch in der Steiermark, erklärt Thomas Kienberger, Leiter des Lehrstuhls für Energieverbundtechnik. "Wir haben mehrere große Leitbetriebe an Bord, unter anderem die Voestalpine in Donawitz." In dem Projekt "Heat Highway" wird die Verbesserung der Nutzung von industrieller Abwärme untersucht.

"Es gibt in der Obersteiermark mehrere abgeschlossene Fernwärmeprojekte von Industriebetrieben wie Zellstoff Pöls, Norske Skog oder der Voestalpine." Wenn man diese verbindet und weitere Industriebetriebe dazu nimmt, könne man mit der Abwärme die Häuser und Wohnungen der ganzen Bevölkerung der Mur-Mürzfurche heizen.

Bereits in Umsetzung ist das Projekt "Oxysteel" mit der Breitenfeld Edelstahl AG. Obwohl der Stahlschrott dort mit einem Elektrobogenofen eingeschmolzen wird, brauche das Unternehmen viel Erdgas zur Erhitzung der Stahlpfannen, mit denen das flüssige Metall transportiert wird. "Statt der normalen Luft wird das Gas nun mit purem Sauerstoff verbrannt. Das ist viel effizienter." Alleine durch dieses Projekt werden umgerechnet rund zehn Prozent des Gasverbrauchs von Leoben eingespart.

Strom zur richtigen Zeit

Dass zwei ganz unterschiedliche Betriebe von dem gleichen Projekt profitieren können, zeigt "DSM_OPT". Mit an Bord sind der Grazer Stahlkonzern Marienhütte und die Bäckerei Sorger. Es gehe dabei um die Optimierung der Produktionsprozesse, sagt Kienberger. "Es gibt in jedem Unternehmen Produktionsschritte, die nicht zeitkritisch sind." Er vergleicht das mit der Waschmaschine zu Hause. Einmal voll geräumt und mit Waschmittel befüllt, sei es eigentlich egal, wann man sie einschaltet.

Genauso könne man in Unternehmen manche Prozesse dann starten, wenn viel Strom vorhanden und die Energie daher günstig ist. "Zum Beispiel rund um die Mittagszeit, denn da merken wir durch die vielen Fotovoltaik-Anlagen schon jetzt eine Stromspitze." Das helfe auch dabei die Netze zu stabilisieren, sagt der Uni-Professor.

Rahmenbedingungen verbessern

AIT-Forscher Hribernik wirft ein, dass es nicht nur die Technologien brauche, sondern auch die richtigen Rahmenbedingungen. So müssten etwa Energiegemeinschaften über Unternehmensgrenzen hinweg möglich sein. Im kürzlich beschlossenen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) sei dies zwar vorgesehen, allerdings "mit Limitationen: Solche Energiegemeinschaften müssen in einem Netzabschnitt sein - bei Betrieben könnte es aber sein, dass dieses Kriterium nicht erfüllt wird", so Hribernik.

Was der Montanist Kienberger aus Alpbach mitnimmt: "Österreichs Industrie ist bei dem Ziel klimaneutral bis 2050 wirklich mit an Bord. Das wird als große Chance für den Standort gesehen. Jetzt geht es nur noch um das Wie."