Der starke Preisanstieg bei Agrarrohstoffen sowie höhere Kosten für Transport und Verpackungsmaterial werden laut einer aktuellen Studie des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hierzulande die Lebensmittelpreise deutlich steigen lassen. Für das zweite Halbjahr 2021 und erste Halbjahr 2022 rechnen die Ökonomen mit einem Anstieg der Verbraucherpreise für unverarbeitete Nahrungsmittel um 2,6 Prozent bzw. 3,8 Prozent und für verarbeitete Nahrungsmittel um 2,5 Prozent bzw. 4 Prozent.
Heuer stiegen im ersten Halbjahr die Verbraucherpreise für Nahrungs- und Genussmittel mit plus 0,9 Prozent noch relativ moderat, wohin gegen die Weltmarktpreise für Agrargüter im Juli laut den Wirtschaftsforschern um 41 Prozent über dem Vorjahresniveau lagen. "Erfahrungsgemäß reagieren die Lebensmittelpreise mit einer gewissen Verzögerung auf Preisänderungen von Agrargütern", schreiben die Wifo-Studienautoren Josef Baumgartner und Franz Sinabell in ihrer Analyse.
Massive Preisanstiege erwartet
Auch die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise für pflanzliche Produkte in Österreich seien gegenüber dem Vorquartal bereits im ersten Quartal 2021 mit 16 Prozent deutlich stärker gestiegen, als es dem saisonalen Muster der Vorjahre entsprechen würde, so die Ökonomen. Der fallende Trend der internationalen Agrar-, Nahrungs- und Genussmittelpreise seit Herbst 2012 sei Mitte 2020 im Zuge der Coronapandemie zu einem Ende gekommen. Innerhalb eines Jahres habe es einen massiven Preisanstieg gegeben und es wurden beinahe die Preisniveaus der zweiten Jahreshälfte 2012 - die Höchststände seit Ende der 1980er-Jahre - erreicht.
Abschwächung erst im zweiten Halbjahr 2022
Im zweiten Halbjahr 2022 soll sich der Anstieg der Verbraucherpreise für Nahrungsmittel dann abschwächen. Für das Gesamtjahr 2021 und 2022 rechnen die Wifo-Ökonomen in Österreich mit einem jährlichen Anstieg der Verbraucherpreise für unverarbeitete Nahrungsmittel um 1,9 Prozent bzw. 2,6 Prozent und für verarbeitete Nahrungsmittel um 1,6 Prozent bzw. 3 Prozent.
Eine Preisprognose nach Warengruppen haben die Wifo-Ökonomen nicht vorgenommen. Der Obmann der Vereinigung der Backbranche, Michael Bruckner, hat kürzlich wahrscheinliche Preisanhebungen bei Brot und Gebäck im Herbst angekündigt. Als Grund gab er unter anderem höhere Getreidepreise, teurere Ersatzteile für Backmaschinen, die höhere Normverbrauchsabgabe, die auf Klein-Lkws zur Auslieferung durchschlage, an.
Nur Hofer hat sich mit Molkereien geeinigt
Bei Milchprodukten ringen die Molkereien und der Lebensmitteleinzelhandel seit Monaten um Preiserhöhungen. Die Milchverarbeiter wollen eine deutliche Preisanhebung, weil die Produktionskosten und das an die Bauern ausgezahlte Milchgeld gestiegen sind, wie sie zuletzt gegenüber der APA betonten. Laut dem Branchenmagazin "Top Agrar" hat von den großen Supermarktketten sich nur Hofer mit den Molkereien geeinigt, allerdings nur im Ausmaß von 50 bis 60 Prozent der von den Milchverarbeitern geforderten Preisanhebung von 5 bis 7 Prozent.
Spar-Chef Fritz Poppmeier kann die Preisforderungen nicht nachvollziehen. "Es mag sein, dass einzelne bäuerliche Betriebe zu wenig einnehmen, aber das hat nichts mit den Supermarktpreisen zu tun. Hier haben wir ein Systemproblem", sagte Poppmeier am Dienstag bei einem Pressetermin. Die Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) fordert von Spar, Rewe und Hofer, die gemeinsam einen Marktanteil von rund 85 Prozent halten, "mehr Selbstreflexion". "Es darf nicht nur um die Wertschöpfung des Handels gehen, sondern der Milchbauer und seine Molkerei müssen auch überleben können und etwas verdienen dürfen", so VÖM-Geschäftsführer Johann Költringer. Man hoffe auf einen baldigen Abschluss der Preisverhandlungen.