Jetzt ist es fix: Es wird ab Juli zwei Varianten der Kurzarbeit geben. Der Kompromiss wurde am Montagvormittag in Wien in Verhandlungen der Regierung mit den Sozialpartnern gefunden.
Es werden zwei Modelle nebeneinander mit verschiedenen Bedingungen angeboten: Eine "Corona-Kurzarbeit" für besonders von der Pandemie betroffene Bereiche wie die Stadthotellerie, Nachtgastronomie und die Luftfahrt, und eine reguläre Kurzarbeits-Form für die anderen Branchen.
Die derzeit gültige Phase 4 der Kurzarbeit läuft Ende Juni aus. Am Anfang Juli wird es nun zwei Modelle geben, wie Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und den Spitzen der Sozialpartner am Montagvormittag bekannt gab. Details müssen allerdings die Sozialpartner noch verhandeln.
AMS-Chef Johannes Koch spricht im Interview mit der Kleinen Zeitung von einer derzeit gültigen großzügigen "All Inclusive-Kurzarbeit", die bei der aktuellen Wirtschaftslage nicht mehr angemessen sei. Mit der Einigung sei es gelungen, "die Attraktivität der Kurzarbeit zu reduzieren".
Für wen das bisherige Modell gilt
Die Zugangskontrollen zum bisherigen Modell werden in Anbetracht des Aufschwungs deutlich strenger sein als jetzt. Nur mehr dort, wo es behördliche Schließungen oder einen Lockdown gibt, oder die Umsatzverluste im Herbst 2020 gegenüber Herbst 2019 mehr als 50 Prozent betragen haben, kann das bisherige Modell fortgeführt werden. Das bedeutet, der Unternehmer hat einen Umsatzausfall im Vorjahr vorzuweisen. Damit gebe es für alle Planungssicherheit, die Kurzarbeit könne gleich beantragt werden und niemand könne seinen Umsatz im Herbst 2021 so hintrimmen, dass es rechnerisch einen Rückgang von knapp über 50 Prozent gibt, begründete Kocher die Bemessung am dritten Quartal 2020.
AMS-Chef Kopf "hätte sich auch vorstellen können, dass man dieses Modell weniger stark fördert." Jedenfalls sei klar, dass deutlich weniger Betriebe in diese Regelung fallen werden als bisher.
Die Beihilfen sind genauso hoch wie in der derzeit gültigen Phase 4, der Lohnausgleich liegt bei 80 bis 90 Prozent des früheren Nettolohns. Die Arbeitszeit kann auf 30 Prozent bzw. in Ausnahmefällen auch auf bis zu 0 Prozent reduziert werden. Diese Sonderregelung ist bis Ende des Jahres befristet.
Zweites Modell: Reduzierte Förderhöhe
Eine zweite Variante, die allen Betrieben offensteht, bezeichnet Kocher als "Übergangsmodell" bis zum Sommer 2022. Dieses sieht eine reduzierte Förderhöhe vor, die Ersatzraten bleiben gegenüber dem jetzigen Modell gleich. Die Mindestarbeitszeit beträgt in diesem Modell 50 Prozent (Ausnahmen sind möglich). Anders als beim ersten Modell wird ein Personalabbau möglich sein, ein Urlaubsverbrauch ist ebenso vorgesehen. Konkret: ein verpflichtender Urlaubsabbau von einer Woche je angefangener zwei Monate Kurzarbeit.
Weiters gibt es einen Abschlag von 15 Prozent von der bisherigen Beihilfenhöhe. "Wir haben ein paar Dinge, die wir in letzter Zeit gelernt haben, in diesem Modell berücksichtigt", sagt Kocher. Das Modell werde sehr einfach zugänglich sein. Kocher: "Dieses Modell wird von weniger Betrieben genutzt werden als es bisher der Fall war. Wir haben gemeinsam sehr gute Lösungen gefunden."
Weitere Eckpunkte
Weiters gilt für das neue Modell: Eine dreiwöchige Beratungsphase durch AMS und Sozialpartner für neu eintretende Betriebe. Das Modell soll bis Mitte 2022 zur Verfügung stehen, danach soll das Modell evaluiert werden. Jeder Betrieb kann maximal 24 Monate (mit Ausnahmen im Einzelfall) Kurzarbeit beantragen, ein Verlängerungsantrag ist nach sechs Monaten notwendig.
AMS-Chef Kopf begrüßt die schärfere Regelung: "Wir sehen eine wachsende Wirtschaft, viele offene Stellen, erstmals mehr als 100.000 - es gibt Arbeit." Mitarbeiter dürfen nicht in Kurzarbeit "gehortet" werden.
Auf technischer Ebene wird nun ein Sozialpartnerpapier zu den Details erarbeitet.
Zu den "technischen" Fragen gehört die geförderte Weiterbildung in der Kurzarbeit. Die mit 60 Prozent geförderte Weiterbildung werde es weiter geben, sagte Kocher, gesprochen werde über zusätzliche Maßnahmen. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian wies darauf hin, dass die Weiterbildung insbesondere auch mit Blick auf die zu erwartenden Umwälzungen wegen des Klimawandels und der Digitalisierung wichtig sei. Die Gewerkschaft setze sich sehr für die geförderte Weiterbildung ein, diese solle sich aber "auch für die Unternehmen rechnen".
Positive Reaktionen der Sozialpartner
Die drei Sozialpartner - AK-Präsidentin Renate Anderl, ÖGB-Präsident Katzian und WKÖ-Präsident Harald Mahrer - lobten die Einigung.
AK-Chefin Renate Anderl sagte, die Lösung sei "gelungen, gut und für beide Seiten sehr wichtig". Die Krise sei noch nicht vorbei, niemand wisse, was nach dem Sommer noch passiert. WKÖ-Chef Harald Mahrer sieht darin ein klares Signal, dass einerseits die Wirtschaft am Weg aus der Pandemie heraus sei, andererseits jenen Unternehmen, die es noch brauchen, weiter geholfen werde.
Jedenfalls solle sich die fünfte Phase bei den Abläufen an den bisherigen Corona-Regelungen orientieren, um die Bürokratie gering zu halten, versicherten Sozialpartner und Regierungsmitglieder.