Die Porsche Holding Salzburg hat das heikle Geschäftsjahr 2020 erstaunlich gut überstanden, man ist das umsatzstärkste Unternehmen Österreichs. Wie ist das neue Jahr, das weiter im Zeichen der Pandemie steht, angelaufen?
HANS PETER SCHÜTZINGER: Überraschend positiv. Wir verzeichnen aktuell einen Rekord bei den Auftragseingängen. Verglichen mit einem Normalauftragsbestand vor Corona ist dieser um 40 Prozent gestiegen. Jänner bis März werden wir mit all unseren Marken einen Marktanteil von knapp unter 40 Prozent erzielen.
Elektro-Kaufprämien und kommende NoVA-Abschaffung für leichte Nutzfahrzeuge stimulieren den Markt – aber wie geht es mit der Porsche Holding weiter?
SCHÜTZINGER: Es wird spannend bleiben. Wir werden noch einmal internationaler, aber die Wurzeln des Unternehmens bleiben klar in Österreich. Wir werden in europäischen Ballungsräumen weiter expandieren, wir werden mehr Frauen in Führungspositionen haben und wir werden – wie auch mit der Strategie des Volkswagen-Konzerns vorgegeben – elektrischer. Wir wollen hierzulande 2021 unseren Absatz an reinen E-Autos verdreifachen.
Wie wird sich das Geschäftsmodell, das vom Autoverkauf und von Finanzierung lebte, wandeln?
SCHÜTZINGER: Grundsätzlich hat die Pandemie nur eine kurze Verschnaufpause bewirkt. Viele Menschen waren aus Sicherheitsgründen mit dem eigenen Auto unterwegs, was die individuelle Mobilität gepusht hat. Wenn sich die Lage bessert, wird auch der öffentliche Verkehr wieder stärker genützt werden. Und die Themen Carsharing oder Autoabo rücken verstärkt ins Blickfeld. Über die Porsche Bank haben wir schon ein Carsharing-Angebot etwa für Flottenkunden oder Kommunen sowie für Private das Autoabo. Das Problem im Privatkundenbereich sehen wir beim Carsharing in Wien: Mit der Parkraumbewirtschaftung ist ein reines Sharing-Modell nicht ökonomisch zu führen. Wir setzen deshalb ein Projekt auf, in dem wir die einzelnen Bausteine vernetzen wollen. Das bedeutet, dass wir die Autos intelligent und mehrfach nutzen – also im Carsharing, bei den Mietwagen und beim Autoabo.
Die gute Nachricht: Der Markt brummt. Die schlechte: Kunden müssen länger auf Autos warten.
SCHÜTZINGER: Das betrifft ja nicht nur den Volkswagen-Konzern alleine, sondern die gesamte Branche. Einerseits aufgrund von fehlenden Halbleitern, andererseits verlangsamt Corona nach wie vor vieles. Wir werden in den nächsten sechs Monaten noch mit einer verzögerten Belieferung zu kämpfen haben, bis zum Ende des Jahres sind wir zuversichtlich, die Auftragsstände abgearbeitet zu haben.
Wie weit ist die fehlende Ladeinfrastruktur Hemmschuh für die Ausbreitung der E-Mobilität?
SCHÜTZINGER: Der Volkswagen-Konzern plant eine europaweite Schnelllade-Offensive mit mehreren Energieunternehmen. Wir als Porsche Holding können kein Schnellladenetz aufbauen, sondern nur über unsere Firmen wie Moon beratend zur Seite stehen und alle Beteiligten für eine gute Infrastruktur vernetzen. Der Infrastrukturausbau liegt in der öffentlichen Hand und ist vorrangig Aufgabenfeld der Energieversorger.
Derzeit irritiert – neben der Infrastruktur für die E-Mobilität – Kunden das angekündigte „Aus“ für Verbrennermotoren.
SCHÜTZINGER: Wir bekennen uns im Volkswagen-Konzern zur CO2-Reduktion und treiben diese voran. Man muss bei den Aussagen auch klar differenzieren: Wenn wir sagen, es gibt ab 2026 keine neuen Verbrenner-Plattformen mehr, heißt das nicht, dass die Verbrenner auslaufen – sie werden trotzdem weiterentwickelt, damit sie noch weniger emittieren. Letztendlich wird der Kunde entscheiden, wohin die Reise geht – er hat ein individuelles Mobilitätsbedürfnis und das ist auch nach Regionen unterschiedlich. Die Regierung kann die Transformation zur E-Mobilität beeinflussen, etwa indem sie zum Beispiel E-Autos weiter fördert und steuerlich entlastet.
Apropos Politik: Autoindustrie und Handel werden aktuell von der Politik nicht gehört – wie will man sich Gehör verschaffen?
SCHÜTZINGER: Wir sind eine Branche mit über 350.0000 Mitarbeitern und einer entsprechend hohen Wertschöpfung in Österreich. Dass wir uns kein Gehör verschaffen können, ist erstaunlich und frustrierend. Nach der Dieselthematik sind wir uns als Teil des Volkswagen-Konzerns unserer Verantwortung bewusst, deshalb haben wir uns auch nicht vehement über die Erhöhung der NoVA bei den PS-starken Autos beschwert, weil diese der Reduktion von CO2 dient. Trotzdem ist es die zehnte steuerliche Verteuerung für Autos mit Verbrennungsmotor seit Einführung der NoVA.
Wie geht man mit den Plänen der Grünen, die sich gegen das Auto und Besitz aussprechen, um?
SCHÜTZINGER: Ich unterscheide nicht zwischen Türkis und Grün. Es gibt eine Linie der Regierung. Wir werden von der Regierung kontaktiert, wenn es um das Zahlen geht. Die wenigsten Konsumenten wissen, dass wir als Importeure mehr als die Hälfte der E-Mobilitätsprämie zahlen. Wir sind aber dann enttäuscht, wenn wir als Branche bei Maßnahmen, die das Autofahren verteuern, nicht von der Regierung zu Gesprächen eingeladen werden, sondern diese aus den Medien erfahren. Etwa, dass leichte Nutzfahrzeuge, die bislang von der NoVA befreit waren, jetzt doch in die Besteuerung einbezogen werden. Die Unternehmerkunden können nicht so einfach auf E-Mobilität umsteigen oder von Berufs wegen ein kleineres Modell nehmen. Also werden viele aus Kostengründen mit älteren Nutzfahrzeugen weiterfahren, was der Umwelt nicht hilft.
Welchen Ausweg sehen Sie aus dem Dilemma mit der Regierung?
SCHÜTZINGER: Wir brauchen keinen Kulturkampf um das Auto oder einen Kampf gegen das Auto. Wir sind ja auch für eine Vernetzung mit dem öffentlichen Verkehr und bieten zum Beispiel den elektrischen Seat Mii in Kombination mit der ÖBB-Vorteilscard an. Als Branche müssen wir in der Regierung entsprechend aufklären, welchen Schaden man anrichtet, wenn man diese mit weiteren bzw. derartigen Steuerbelastungen abstraft.
Didi Hubmann