Durchblicker-Gründer Reinhold Baudisch spricht von einer dramatischen Lage, in der sich viele österreichische Haushalte nach einem Jahr Corona-Pandemie befinden. In einer von dem Vergleichsportal in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage - der dritten seit April 2020 - gaben 17 Prozent der Befragten an, dass sie nicht mehr alle Fixkosten in ihrem Haushalt decken konnten. Im April vorigen Jahres hatten 15 Prozent angegeben, ihre Fixkosten nicht decken zu können. Im Oktober hatten die Haushalte der Umfrage zufolge offenbar deutlich weniger Probleme. Da rauften nur vier Prozent mit diesem Problem.
Im Burgenland und in Salzburg beantwortete nahezu jeder Zweite die Frage "Hat sich Ihr Haushaltsnetto-Einkommen in den letzten zwölf Monaten durch die Coronakrise reduziert" mit einem "Ja". In Wien, Vorarlberg, Kärnten und der Steiermark waren es rund ein Drittel. Besonders hart traf es mit 53 Prozent jene Haushalte, die ihr Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bestreiten, so "durchblicker"-Chef Reinhold Baudisch. Auch die Haushaltsgröße spiele eine Rolle: 34 Prozent der Single-Haushalte berichteten von einer Einkommensreduktion, bei Familien mit Kindern seien es 42 Prozent gewesen.
"Die Lage ist sehr ernst"
Laut dem Leiter der AK-Abteilung Wirtschaft, Markus Marterbauer, sei die Lage im unteren Einkommensbereich "sehr ernst". Bereits vor der Pandemie sei Familien mit geringen Einkommen nichts übriggeblieben, im Zuge der Corona-Lockdowns komme es zu erheblichen Einkommensverlusten. Nicht nur durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, sondern auch für viele Ein-Personen-Unternehmen (EPUs), denen der Umsatz teils zur Gänze wegfällt. "Wir sind im 13. Monat der Pandemie", so Marterbauer zur Kleinen Zeitung: "Das heißt, die Zahl der Langzeitarbeitlosen wird ab März dramatisch nach oben gehen."
Langzeitarbeitlos ist, wer mehr als 12 Monate auf Jobsuche ist. Mitte März 2020 schoss bekanntlich die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen nach oben. Mehr als jeder zweite Langzeitarbeitlose ist armutsgefährdet, dazu sechs von zehn Kindern Betroffener. "Auf Dauer sind auch mehr Privatinsolvenzen zu befürchten", so der AK-Wirtschaftsexperte. Er fürchtet, "dass wir uns ein riesiges Armutsproblem züchten".
"Beinahe bei jedem zweiten betroffenen Haushalt ist der Übergang in die Kurzarbeit der Grund für die verschlechterte Einkommenssituation. 22 Prozent nennen Kündigung und 16 Prozent einen Umsatzrückgang bei selbstständiger Arbeit als Ursache", sagte Baudisch.
Die schwierige finanzielle Lage hat dramatische Folgen: 17 Prozent der Haushalte sehen sich laut "durchblicker"-Umfrage aktuell nicht mehr in der Lage, ihre Fixkosten mit dem reduzierten Einkommen zu decken. Hier hat sich die Situation stark verschärft ─ im Oktober gaben dies nur 4 Prozent an, somit sind seitdem rund 200.000 weitere Haushalte in Schieflage geraten.
Die Einbußen bei den Haushaltseinkommen schlagen in diesem Bereich besonders stark durch, da das laufende Einkommen in 95 Prozent der Haushalte Mittel der Wahl bei der Deckung von Fixkosten ist.
Zwei Drittel optimieren Fixkosten
Rund zwei Drittel der Betroffenen haben ihre Fixkosten optimiert bzw. reduziert. Für Familienhaushalte mit Kindern gilt das sogar zu 71 Prozent. Im Oktober gaben dies noch deutlich weniger Personen an, nur rund 13 Prozent sahen zu diesem Zeitpunkt Anlass dazu.
Steuereinahmen eingeknickt
Ganz andere Indikatoren zieht die Agenda Austria heran, um zu ermessen wie tief die Krise ist: die Steuereinnahmen. Im Jahr des größten Wirtschaftseinbruchs seit dem Zweiten Weltkrieg sind die Einnahmen aus der Lohnsteuer zwar deutlich zurückgegangen, aber keineswegs eingebrochen. Die Agenda stellt die vollen Jahre 2020 und 2019 gegenüber, demnach sind die Lohnsteuereinnahmen von 28,5 Milliarden Euro auf 27,3 Milliarden Euro zurückgegangen, was ein Minus von 4,3 Prozent ist.
Viel massiver sind dagegen die Umsatzsteuer und die Körperschaftssteuer eingeknickt. 2019 hatte der Finanzminister 30 Milliarden Euro Umsatzsteuer zur Verfügung, 2020 nur noch 27,6 Milliarden, 8,3 Prozent Minus. Bei der Körperschaftsteuer war das Absacken von 9,4 auf 6,3 Milliarden Euro ein Rückgang von fast einem Drittel.