Viele junge Menschen haben nicht mehr Ärztin, Polizist oder einen technischen Job als Ziel, sondern wollen Influencer werden. Wie startet man so eine Karriere?
Wolfgang Deutschmann: Influencer zu werden, ist wie ein eigenes Unternehmen zu gründen. Grundsätzlich finde ich es nicht schlecht, wenn das jemand ausprobieren will. Ich glaube aber, dass man das richtige Motiv haben sollte. Deshalb schreibe ich in meinem Buch „cashbook“, dass die Themenfindung sehr wichtig ist. Viele sehen, wie Instagram-Stars in Dubai mit dem Ferrari herumfahren. Und wenn das ein Motiv ist, warum man Influencer werden will, wird man zu 99 Prozent scheitern. Wer dem Geld nachjagt, vor dem läuft es weg.
Wenn nicht Geld das Motiv sein soll, was dann?
Es muss ein Herzensthema sein, das richtig Spaß macht. Etwas, wo ich Wissen weitergeben und mit der Community interagieren will. Ein Bereich, in dem ich was erkläre und fragen beantworte. Das kann irrsinnig lustig sein, aber man muss die richtige Motivation und den richtigen Zugang dazu haben.
Wie lange dauert es, bis man einen professionellen Auftritt aufgebaut hat?
Das kann schon ein Jahr lang dauern. Deshalb vergleiche ich es gerne mit dem Aufbau eines Unternehmens. Am Anfang habe ich halt noch nichts davon. Und es ist richtig Arbeit so einen Account aufzubauen. Gerade auf Instagram. Da muss ich Content bringen, da muss ich kommentieren, die richtigen Kanäle abonnieren, sonst folgen mir die Leute nicht. Ich muss bei einem Thema dem richtigen Hashtag folgen. Das muss ich dann schon den ganzen Tag machen und dann kann ich mir langsam eine Reichweite aufbauen und dann irgendwann damit auch mein Leben finanzieren. Wenn man auf Instagram ein Influencer werden will, ist das ein Vollzeit-Job.
Oft versuchen Influencer etwas gratis zu bekommen, beispielsweise eine Nacht im Hotel. Ist so etwas seriös?
Ich sag mal: Fragen kostet nichts. Wenn derjenige wirklich gute Werbung für das Unternehmen macht, wie ein Video vom Hotelzimmer oder eine positive Bewertung, kann das schon was bringen. Aber man muss als Unternehmer vorsichtig sein und den Account überprüfen. Wenn der beispielsweise viele Abonnenten hat, aber fast keine Likes, dann stimmt etwas nicht. Dann sind die Fans gekauft.
Was sind dann gute Kennzahlen? Ab wann ist man ein richtiger Influencer?
So ab 10.000 Instagram-Abonnenten kann man versuchen, aktiv auf Unternehmen zuzugehen. Da bekommt man dann auch bei Instagram gewisse Funktionen freigeschaltet und kann Storys mit einem Link versehen. Wir arbeiten auch mit Micro-Influencern zusammen, zwischen 2000 und 10.000 Abonnenten. Denen kann man kostenlos ein Produkt zum Testen geben. Man nimmt dann nicht nur einen Micro-Influencer, sondern 15. Die bekommen eine Anleitung, was jeder machen muss und wann. Damit kann man schon sehr attraktives Marketing machen. Und das spricht wieder dafür, sich ein Thema zu holen, das für einen selbst einen Sinn hat. Dann wird man vielleicht schon mit weniger Followern angesprochen.
Wie findet man als Unternehmer den richtigen Influencer für ein Produkt?
Man muss recherchieren, welche Influencer am besten passen. Da gibt es Plattformen und eigene Agenturen Man sollte sich die Zielgruppe des Influencers anschauen und die Überschneidung mit der eigenen prüfen. Gerade für Unternehmen, die ihren Umsatz steigern wollen, kann es viel bringen, wenn ein Influencer beispielsweise einen Online-Shop erwähnt. Die Follower haben tendenziell mehr Vertrauen zu dem Influencer als zu einer anonymen Marke. Da fließen durchaus hohe Honorare. Das kann sich auch richtig rechnen. Was schaden kann, ist auf den falschen Influencer zu setzen. Deshalb muss man eine gute Auswahl treffen.
Roman Vilgut