Am dritten Tag des Münchner Audi-Prozesses hat der Motorenentwickler Giovanni P. die Abgas-Tricksereien mit dem immensen Druck des Konzerns erklärt, 2009 in den USA neue Dieselautos auf den Markt zu bringen. Die Entwicklungszeit sei viel zu kurz gewesen, Kompromisse seien abgelehnt, seine Abteilung mit Vorwürfen bombardiert worden.
Dem Vertrieb sei der Platz für ein Sound-System im Auto wichtiger gewesen als ein ausreichend großer Tank für die Abgasreinigung. "Diese Leute haben uns betrogen. Sie haben uns nicht genug Zeit gegeben", sagte der Angeklagte am Mittwoch.
Im ersten deutschen Strafprozess um den Dieselskandal stehen seit einer Woche der ehemalige Audi-Chef Rupert Stadler, der frühere Porsche-Technikvorstand Wolfgang Hatz und die Motorenentwickler Giovanni P. und Henning L. vor Gericht. Die Anklage wirft ihnen Betrug vor.
"Wir waren unter Druck ohne Ende"
Als erster Angeklagter im Prozess sagte P. aus. Weil Daimler und BMW seinerzeit beim Diesel in den USA weiter gewesen seien, sei entschieden worden, dass die VW-Tochter Audi im November 2008 mit der Produktion der neuen US-Dieselmotoren starten müsse. Nach Fahrtests habe seine Abteilung immer wieder größere Adblue-Harnstoff-Tanks oder mehr Zeit gefordert, aber vergebens. "Wir waren unter Druck ohne Ende" sagte P. "Wir wollten nicht bescheißen. Aber wir brauchten mehr Harnstoff." Mit diesem Stoff kann der Ausstoß von Stickstoffdioxid reduziert werden.
Das Problem sei durch Präsentationen und "Blaue Meldungen" auch dem damaligen Audi-Technikvorstand bekannt gewesen. Aber Beschleunigung, Verbrauch und Kosten seien wichtiger gewesen als Abgaswerte: "Abgasnachbehandlung ist nicht sexy", sagte der Angeklagte.