Ihre wichtigsten Kunden sind Airbus und Boeing, beide stecken tief in der Krise, Boeing wegen der 737 MAX noch tiefer. Gibt es Licht am Ende des Tunnels?
Robert Machtlinger: Die Hälfte unseres Umsatzes machen wir mit Airbus, 15 Prozent mit Boeing. Beide Hersteller haben ihre Fertigung stark reduziert und produzieren auf Halde, weil die Fluggesellschaften ja keine neuen Flugzeuge brauchen. Das wird sich aber in den nächsten Quartalen wieder verändern, wenn diese Flugzeuge ausgeliefert werden.
Wie wirkt sich das konkret auf FACC aus?
Wir fertigen alles in reduzierter Stückzahl, keine Produktion ist gänzlich eingestellt worden. Zeitverzögert zu den Auslieferungen der Flugzeuge werden dann auch wieder höhere Bauraten bei FACC kommen.
Bei FACC ist im Schnitt die Hälfte der Belegschaft auf Kurzarbeit. Ende September werden Sie sich dann wahrscheinlich von mehr als 700 Beschäftigten trennen müssen. Wie gehen Sie als Chef damit um?
Da blutet einem das Herz. Jeder Beschäftigte ist ja Bestandteil des Erfolgs. Wir haben alles versucht, das zu vermeiden. Weil die Krise aber sehr lange dauern wird, ist ein Modell der Teilzeitbeschäftigung über vier, fünf Jahre nicht umsetzbar. Daher mussten wir diese Entscheidung treffen.
Wie sehr ist man in so einer Krise Mensch, wie sehr Manager?
Man ist immer Mensch, sonst würden Maschinen für uns Entscheidungen treffen. Das macht im Wesentlichen dann auch ein Management aus – menschlich zu bleiben.
Sie haben ja Aufträge im Wert von sechs Milliarden US-Dollar in den Büchern. Was sind diese angesichts der Krise wirklich wert?
Die haben für uns einen sehr hohen Wert, weil es fixe Verträge mit dahinterstehenden OEMs (Original Equipment Manufacturer, Anmerkung) sind. Mit diesem Order-Backlog können wir planen, und es gibt eine Gewissheit über mehrere Jahre hinweg.
Sie bauen ja die Drohne Ihres Partners EHang, wie weit sind Sie da, dürfen Sie in Europa schon fliegen?
Wir sind mit der Entwicklung fertig, während Corona haben wir getestet und mit der Austro Control über Flugtestgenehmigungen verhandelt. In China fliegt die Drohne schon als Flugtaxi auf einer definierten Teststrecke, in Österreich und der gesamten westlichen Welt wird es vielleicht zur Mitte des Jahrzehnts so weit sein.
Forschung und Entwicklung ist für FACC sehr wichtig, da wird auch trotz Krise kaum gespart. Woran wird denn da gerade gearbeitet?
Für uns sehen wir drei Bereiche: die Weiterentwicklung bestehender Bauteile, Klimaschutz und Lärmreduzierung sowie neu die Coronaforschung.
Können Sie uns Beispiele nennen?
Es gibt ein gutes Beispiel: Durch unsere Winglets hat die Boeing-737NG-Flotte etwa 60 Milliarden Liter Treibstoff über 15 Jahre gespart. Eine Weiterentwicklung von uns senkt jetzt den Verbrauch um weitere 30 Milliarden Liter. Grundsätzlich geht es bei dieser Bauteiloptimierung darum, bestehende Bauteile noch leichter, leiser, verbrauchsärmer oder effizienter zu machen, ohne dass etwas neu zugelassen werden muss. So verbessert sich die Effizienz der Flugzeuge um 0,5 bis ein Prozent pro Jahr.
Woran forschen Sie aufgrund von Corona? Man liest ja immer wieder von Trennwänden zwischen den Sitzen oder von Sitzen die anzeigen, ob sie desinfiziert worden sind.
Eine Trennwand ist keine optimale Lösung, auch wenn sie dem Passagier ein gewisses Gefühl der Sicherheit gibt. Das Um und Auf ist die Klimatisierung der Kabine. Die ist schon sehr gut, jetzt gilt es, die letzten paar Prozent der Viren, die die Filter nicht abtöten können, zu schaffen. Da geht es jetzt zum Beispiel darum, die Luftführung der Klimaanlage weiter zu verbessern.
Was wird Corona in der Kabinenausstattung bringen?
Eine noch bessere Luftreinigung, und wahrscheinlich wird es bald neue Sitzkonfigurationen mit größeren Abständen zwischen den Passagieren geben. Das wird aber noch einige Jahre dauern, denn das kostet Geld. Es wird wegen Corona in allen Bereichen des Fliegens, aber auch anderen Bereichen des öffentlichen Verkehrs Verbesserungen und Maßnahmen geben. Die werden perfektioniert werden, und in zehn Jahren wird es einiges geben, an das wir heute noch gar nicht denken.
Sie glauben, dass die Krise 2024, 2025 überwunden sein wird. Wo soll FACC dann stehen?
Wir werden uns aufgrund der Auftragslage organisch entwickeln können. Darüber hinaus wollen wir Marktanteile gewinnen und auch anorganisch wachsen: durch Übernahmen von Lieferanten, die zu uns passen.
Michael Csoklich