Muss ein erfolgreicher Unternehmer ein Spieler sein?
HANS SCHMID: Als Unternehmer war bei mir immer der Spieltrieb dabei, und Risikobereitschaft. Ich habe oft Sachen gemacht, wo die Leute gesagt haben: „Das geht nicht.“ Und ich stand zwei Mal mit dem Rücken an der Wand.
Vor allem, als Sie die Arbeiterzeitung gekauft haben. Als Werber lässt Sie jedoch Ihre Karriere so beschreiben: „Vom Tellerwäscher zum Milliardär.“
Ich hab als Anzeigenvertreter gearbeitet, dann eine kleine Werbeagentur gegründet. Ich bin zu den Handwerkern gegangen, um ihnen bessere Werbung zu verkaufen. So habe ich angefangen: 70 Prozent Transpiration, 20 Prozent Inspiration, 10 Prozent Glück. Dann habe ich im „Spiegel“ einen Artikel über die GGK Basel gesehen, drei erfolgreiche Herren in einer Prachtvilla am Rhein.
Sie griffen zum Telefonhörer?
Ja. Die Swissair wollte die AUA kaufen, daher plante die GGK Basel ein Büro in Wien. Wir kamen zusammen und hatten danach Riesenerfolge. Für mich war das ein Quantensprung, ich habe das Wissen der GGK wie ein Schwamm aufgesogen. Dann habe ich gesehen, Osteuropa öffnet sich. Ich spürte es, wir müssen da hin. Für die Schweizer war ja Österreich schon Balkan – daher haben wir 1988 in Budapest im Alleingang die GGK Budapest eröffnet.
Sie waren früh dran.
Wien war schon immer ein guter Sensor. Dann sind wir nach Prag. Bratislava, Warschau, Moskau. Dann wir hatten wir eine schöne Gruppe, die mir gehört hat. Wir waren vom ersten Tag an positiv und sind gewachsen, gewachsen, gewachsen. Dann die Hiobsbotschaft 1992: GGK Basel zahlt die Gelder nicht mehr.
Warum?
Misswirtschaft. Die haben die tollste Werbung gemacht, aber wirtschaftlich … Ich musste übernehmen und habe dann erst gesehen wie viele Leichen da im Keller waren. 15 Monate bin ich nur im Flieger gesessen. Ich habe die Anteile gekauft, das Unternehmen saniert und am Schluss verkauft. Für eine Milliarde Schilling.
70 Millionen Euro.
Ja, das klingt viel. Aber wir haben Tag und Nacht gearbeitet und man zahlt auch immer einen Preis für den Erfolg.
Was war Ihre ursprüngliche Intention?
Nichts – ich wollte Wirtschaftsjournalist werden. Nichts davon war geplant, es ist einfach alles passiert.
Haben Sie sich leicht von Ihren unternehmerischen Babys getrennt?
Von den Zeitungen ja, auch von der GGK, die mein Lebenswerk und weltweit riesig erfolgreich war. Das war komischerweise auch einfach. Die Amerikaner haben gekauft und, typisch für Amerikaner, mit Cost Cutting alles heruntergefahren. Ich könnte mich vielleicht auch vom Steffl trennen. Was ich nicht verkaufen möchte ist der Mayer am Pfarrplatz, der Pfarrwirt und das Weingut – da sind Arbeit und Vergnügen eng beinander.
Wie kamen Sie zum Eishockey?
Eigentlich war ich immer Fußballer. Ich bin da reingerutscht. Und wenn ich etwas mache, dann richtig. Dass ich 2007 den Steffl gekauft habe, war Zufall, aber auch die Liebe und Freude, das zu machen.
Sie wirken unglaublich entspannt.
Ich habe keinen Grund verspannt zu sein. Ich habe keine Existenzängste. Mein Bruder ist 1971 tödlich verunglückt. Ich war damals 31 Jahre, das hat mein Leben dramatisch verändert. Mein Bruder hatte drei Kinder, zwei Buben mit vier und neun, die habe ich übernommen. Und die sind heute beide bei mir in der Gruppe, Hannes Schmid ist Finanzchef und Freddy Schmid hat mit mir den Steffl aufgebaut. Beide meine Neffen sitzen auch im Beirat der Stiftung. Ein Kind habe ich verloren. Ich habe sicher 500 schlaflose Nächte gehabt, wenn nicht mehr. Aber ich war immer lebensbejahend.
Auch jetzt, in der Coronakrise?
Wir haben in der Gruppe während des Lockdowns jede Woche 1,2 Millionen Euro Umsatz verloren. Aber wir haben im Steffl nicht wie verrückt abverkauft, sondern was zeitlos ist, gelagert. Wir werden heuer und nächstes Jahr wohl auch noch Verluste schreiben. Das ist Unternehmertum. Wir haben jahrelang gute Gewinne geschrieben. Ich könnte jetzt auch 20, 30 Leute kündigen – aber mein Leben verändert sich dadurch nicht einen Millimeter – aber deren Leben verändert sich dadurch eventuell dramatisch.
Wie haben Sie die Coronakrise persönlich erlebt?
Ich habe meine Hauptaufgabe darin gesehen die Mitarbeiter zu beruhigen. Ich bin ein Kriegskind und kann mich noch erinnern, wie 1945 in Villach die Bomben gefallen sind. Ich gehe noch heute, wenn ich am Pfarrplatz in Wien die Sirenen höre, in den Weinkeller, bekomme Kopfschmerzen und Herzklopfen.
Wie sehen Sie die Perspektiven?
Das hängt stark vom Herbst ab. Im Steffl hatten wir 70 Prozent Touristen. Beim Pfarrwirt und beim Mayer Pfarrplatz holen wir auf. Ich habe zum Beispiel im Steffl ganz Großes vor: Im Steffl ist der Mozart gestorben, er hat in meinem Haus die „Zauberflöte“ geschrieben, wir haben ein Konzept, das wir im Untergeschoß auf 1500 Quadratmeter umsetzen – die „Mozart Experience“. Das habe ich auf 2022 verschoben.
Was wird aus Ihrem Hotel Park’s in Velden?
Wir sind mit der Einreichplanung fertig und sprechen auch mit strategischen Partnern. 52 Millionen Euro Investment ist in der heutigen Zeit auch ein Risiko. Wir sehen jetzt auch, wie wichtig Liquidität ist. Wenn du so wie ich zweimal mit dem Rücken zur Wand gestanden bist, lernst du eines: Das passiert mir nie mehr wieder!
Sie sind ein sehr politischer Mensch. Was hat Sie geprägt?
Unser Gasthaus in St. Leonhard bei Villach war ein Eisenbahnergasthaus, ich wurde sehr sozialdemokratisch geprägt. Es gab während der Nazizeit konspirative Veranstaltungen der Kommunisten. Ich bin ein tiefer Sozialdemokrat: Wir müssen es schaffen, dass jeder Mensch, der auf die Welt kommt, die gleichen Chancen hat. Auf dieser Idee basiert ein großes Projekt mit Siegfried Meryn, das Cape10, ein Haus der sozialen Innovation in dem die, die oben sind, mit denen zusammenkommen, die unten sind. Aber nicht nur über Geld, sondern aktiv.
Was bedeutete der 80. Geburtstag für Sie?
Fassungslosigkeit.
Fassungslosigkeit?
Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal 80 Jahre werden. Ich kann es jetzt noch nicht glauben. 70 und 75 waren noch ok, aber 80, das klingt schon so wie „helfen Sie mir über die Straße“.
Fühlen Sie sich jünger?
Man muss damit umgehen lernen. Es bringt nichts, wenn man wie manche Künstler versucht, mit 80 über die Bühne zu tänzeln.
Was treibt Sie an?
Für den Erfolg im Geschäft ist eines wichtig: Du musst die Menschen lieben. Wenn du ein Misanthrop bist, spüren das die Menschen. Ich nehme für mich in Anspruch, noch immer voll geerdet zu sein. Und es ist schön, zu teilen. Als ich jung war, habe ich beschlossen, ich heirate nie. Ich gebe doch von keinem Schilling 50 Groschen her. Heute gebe ich gerne den ganzen Schilling her – oder gleich zwei (lacht).
Wie schätzen Sie die aktuelle Situation in Kärnten ein?
Anfangs haben mir Kärntner Politiker erzählt, der Peter Kaiser sei zwar korrekt und intelligent, aber zu blass. Und schauen Sie, was aus dem „Blassen“ geworden ist: ein Leuchtturm in Österreichs Politik. Peter Kaiser ist für mich ein nächster Bundespräsident. Die Flucht der jungen Menschen, die weg von Kärnten gehen, muss man bekämpfen. Ich bin bereit, dafür auch etwas zu tun. Aber es wird mühselig werden.
Warum?
Die Versäumnisse der Vergangenheit. Alle reden hier immer vom tollen Wörthersee,– viele wissen gar nicht, wie schön es auch an anderen Seen, in den Tälern und Bergen ist. Natürlich fehlt nach dem Hypo-Alpe-Adria-Skandal das Geld. Aber Kärnten ist auf einem guten Weg und hat alle Voraussetzungen, für eine erfolgreiche Zukunft. Man muss die Chancen nur konsequent nützen.
Was würden Sie einem jungen Menschen mit auf den Weg geben?
Man braucht Durchhaltevermögen. Hätte ich aufgegeben, würde ich heute nicht dasitzen. Freunde sind wichtig, ebenso die Bodenhaftung, gerade wenn man erfolgreich ist. Und man muss lernen, nein zu sagen.