Seit mehr als zehn Jahren hat die von einem Bilanzskandal gebeutelte Wirecard AG eine Tochter in Österreich. Die Wirecard CEE mit Sitz in Graz bietet Dienstleistungen im EDV-Bereich an, insbesondere Beratungen über den Internetzahlungsverkehr. Hauptkunden sind allerdings Firmen innerhalb des Konzerns, die die offenen Rechnungen nun wohl nicht zahlen werden.
Deshalb schlitterte nach der Pleite der Wirecard AG in Deutschland nun auch die Österreich-Tochter in die Insolvenz. 152 Mitarbeiter und 70 Gläubiger sind betroffen. Die Aktiva belaufen sich laut Kreditschützern von KSV1870, AKV und Creditreform auf rund 1,7 Millionen Euro, die Passiva auf rund 2,3 Millionen Euro. Bei den Aktiva soll es sich aber hauptsächlich um Rückstellungen handeln. Bemerkenswert: Noch für 2019 weist das Unternehmen laut Firmencompass einen Gewinn von rund 8,3 Millionen Euro aus. Die Kreditschützer gehen davon aus, dass die Firma liquidiert werden muss.
Ex-Chef Braun: Verdacht auf Untreue
In Deutschland werden derweil die Ermittlungen gegen den Ex-Vorstandschef Markus Braun ausgeweitet. Es steht nun auch der Verdacht auf Untreue im Raum, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Dabei geht es um den Vorwurf, dass dreistellige Millionensummen von Wirecard-Konten an dubiose Firmenkonstruktionen flossen. Außerdem gehen die Ermittler laut dem Bericht davon aus, dass die mutmaßlichen Manipulationen bei Wirecard spätestens 2014 begannen.
Briefkastenfirma auf Mauritius
Im Zentrum der Ermittlungen steht eine Briefkastenfirma auf Mauritius, das berichten inzwischen mehrere Medien. 315 Millionen Euro sollen in dieser Konstruktion verschwunden sein. Auch die Wirtschaftsprüfer der KPMG konnten nicht klären, wo das Geld sei.
Als Folge des Skandals arbeitet das deutsche Finanzministerium inzwischen mit Hochdruck am Umbau der Behörden. Wobei der Chef der Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, zwar einräumt, dass die Kontrolle der Bilanzen verbessert werden müsse, der Skandal aber auf die „kriminellen Energien“ innerhalb von Wirecard zurückzuführen sei.
Eine gute Nachricht für Wirecard ist allerdings das Interesse der Deutschen Bank an Teilen des Unternehmens – konkret an der Wirecard Bank. Das Geldhaus prüfe in Abstimmung mit der BaFin, dem vorläufigen Insolvenzverwalter der Wirecard AG sowie dem Vorstand der Wirecard Bank eine mögliche finanzielle Hilfe. Die Wirecard Bank ist bisher im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht insolvent. Die BaFin hat einen Sonderbeauftragten abgestellt, der dafür sorgen soll, dass keine Gelder an die Wirecard AG abfließen und die Geschäfte weiterhin laufen.
Roman Vilgut