Erst Colloseum, dann die Stefanel-Filialen - gleich zwei Modeketten meldeten gerade Insolvenz an. Beide Unternehmen waren schon vor der Corona-Krise finanziell angeschlagen, dennoch könnten diese Pleiten nur die ersten Vorboten einer dramatischen Entwicklung im Modehandel sein.
Wer jetzt in der Wiederhochlaufphase gerade eben über die Runden kommt, für den könnte es bald eng werden. Nicht nur wegen fehlender Kauflaune und ausbleibender Kunden.
„Wir werden von Juni bis September die größte Rabattschlacht sehen, die wir in Österreich je erlebt haben,“ prophezeit Harald Gutschi, Chef von Unito (Universal, Otto). „Das werden viele nicht überleben. Vor allem die Modebranche war schon vorher schwer unter Druck. In der Krise gibt es aber nur ein Instrument, den Preis.“
Problem "Entmodung"
Die Schnellebigkeit der Mode ist der Hauptrisikofaktor im Textileinzelhandel, schreibt Peter Voithofer in einer Analyse des Institutes Economica. In Modellrechnungen kommt er zum Schluss, dass selbst bei Kurzarbeit und Einsparungen gute Finanzpolster in kurzer Zeit aufgefressen werden, weil die „Entmodung“ schnell hunderttausende Euro kosten kann. Seine Berechnungen sollen die Regierung überzeugen, Mode- und Freizeitartikelhändlern mehr als bisher vorgesehen unter die Arme zu greifen.
Harald Gutschi erlebt als Chef der zur Otto-Gruppe gehörenden Versandfirmen Universal, Otto oder Quelle Technik gerade selbst, dass sich Textilien nur mit ordentlichen Rabatten verkaufen lassen. „In den ersten Tagen nach dem Lockdown ist das gesamte Geschäft um 20, 30 Prozent eingebrochen. Etwa zehn Tage hat die Schockstarre gedauert.“
Inzwischen zählt sich das in Graz und Salzburg ansässige Unternehmen zu den Gewinnern der Krise. Zumindest, was den Umsatz anlangt, der steigt aktuell zweistellig. Gutschi: „Gefragt ist vor allem Technik. Ich war überrascht, wie viele Kühlschränke die Republik braucht.“ Weil mit Geräten aber nicht sehr viel zu verdienen sei, die Mode rabattiert werden muss, schraubt er die Gewinnerwartungen für das neue Geschäftsjahr zurück. Umsatzprognosen für heuer gibt Unito nicht. Dass Unito 2019/20 mit 365 Millionen Euro fast drei Prozent weniger Umsatz machte, erklärt Gutschi mit dem weiteren Herunterfahren letzter Print-Kataloge.
"Es wird zu gewaltigen Verwerfungen kommen"
Im Gegensatz zur in sechs Ländern vertretenen Unito, die den globalen Handelsgiganten Otto-Group als Eigentümer hat, dürften viele andere Händler wenig Rückhalt haben. „Es wird zu gewaltigen Verwerfungen kommen,“ fürchtet Gutschi. Jeder dritte Händler könnte eingehen. „Das ist ein Urknall. Veränderungen, die zehn Jahre gebraucht hätten, erleben wir in ein, zwei Jahren.“
Größe, Fläche schütze nicht, sondern koste viel. Im Möbelhandel sei das Verhältnis Fläche und Ertrag besonders ungesund, sagt Gutschi. Mittel- und langfristig werde die Corona-Krise dem Onlinehandel „extrem helfen“. „Wer einmal große Geräte oder Möbel online bestellt hat, macht es mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder,“ ist der Unito-Chef überzeugt. „Viele stationäre Händler lernen gerade, wie sie sich digital viel besser aufstellen.“
Persönlich habe er übrigens noch nie so viele Dankesbriefe von Kunden für Lieferungen bekommen wie jetzt, erzählt der Grazer. „Das Feedback ist super. Wir werden als Alternative zu Amazon wahrgenommen.“
Der Online-Handel geht jedenfalls klar als systemrelevant aus der Krise hervor. Der US-Riese Amazon könnte der größte Gewinner der Pandemie werden - ungeachtet vieler rebellierender Mitarbeiter in mehreren Ländern, die ihrem Arbeitgeber mangelhafte Schutzmaßnahmen gegen Corona vorwerfen.
Claudia Haase