Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) hoffen, schrittweise den Regionalverkehr wieder verstärken zu können. Rund um Wien passiert das bereits. Die nächste größere Etappe soll mit dem Fall der Ausgangsbeschränkungen Ende April folgen. Das Herunterfahren des öffentlichen Lebens Mitte März hatte bei der Bahn zu einem Passagierrückgang bis zu 90 Prozent geführt. Auch der Güterverkehr ist durch die Corona-Krise stark eingebrochen.
Mit Masken dürfen „Öffis“ seit ein paar Tagen wieder genutzt werden. Die Erfahrungen damit sind ÖBB-Chef Andreas Matthä zufolge „sehr positiv“. „Es ist ein sehr gutes Miteinander in den Zügen zu bemerken,“ sagt er. Im Normalbetrieb werde die Bahn aber erst wieder unterwegs sein, wenn auch alle Schulen wieder öffneten.
Aktuell sind rund 7000 der 35.000 österreichischen Mitarbeiter in Kurzarbeit, viel weniger als geplant. Aber die meisten Bautrupps sind bereits wieder unterwegs. Die aktuelle Phase, in der 20 Prozent weniger Züge unterwegs sind, werde intensiv genutzt. Der Regierung bietet die Bahn an, im Zuge eines Konjunkturpakets Bauprojekte in dreistelliger Millionenhöhe vorziehen zu können. „Das wäre ein wichtiger Impuls für die österreichische Wirtschaft,“ argumentiert Matthä.
Schiefer: Brauchen keine Finanzspritze
Schadensbegrenzung sieht allerdings erst einmal der aktuelle Fahrplan vor: Laut Finanzvorstand Arnold Schiefer braucht die ÖBB zwar keine Finanzspritze vom Staat, muss aber mit den Bundesländern und Verkehrsverbünden verhandeln, wer welchen Kosten-Anteil für das ausgedünnte Zug-Angebot schultert. Eine knappe Milliarde Euro bekommt die Bahn jährlich von ihren Vertragspartnern der öffentlichen Hand für bestellte Verkehre. Ticket-Erlöse gibt es im Moment kaum. „In Zügen für 350 Passagiere sitzen oft nur vier bis sechs Passagiere,“ verdeutlicht Matthä den Passagierrückgang.
100 Millionen Euro Gewinn im Personenverkehr hätte das Budget 2020 vorgesehen. Davon dürfte wenig bis nichts übrig bleiben. Schiefer hofft am Ende des Tages zumindest auf die Deckung der Fixkosten. Möglicherweise werden Neuanschaffungen von Zuggarnituren verschoben. „Das ist ein Miteinander, kein knallhartes Verhandeln,“ geht Schiefer von lösungsorientierten Gesprächen mit den Verbünden aus.
Rail Cargo leidet unter Krise der Auto- und Stahlindustrie
Für die Rail Cargo (Güterverkehr) muss der ÖBB-Vorstand möglicherweise um Unterstützung aus dem Corona-Hilfspaket der Regierung ansuchen. Abhängig ist das noch von den endgültigen Umsätzen im April, aktuell liegt das Minus zwischen 25 und 30 Prozent. Zwar ist die Bahn derzeit gefragt auch bei grenzüberschreitenden Transporten etwa von Konsumprodukten wie Klopapier, Nudeln oder Tomatenmark. Das kann den 80-prozentigen Rückgang bei Autoteilen und 50-prozentigen Rückgang bei Stahl nicht wettmachen. Teilweise seien in ganz Europa Lieferketten kollabiert, so Matthä. Den Kreislauf wieder in Gang zu bringen, werde länger als zwei Monate dauern. Von der Regierung fordert Matthä nun einen Masterplan. Im Sinne des Klimaschutzes dürfe es keine Rückverlagerung der Gütertransporte auf die Straße geben.
„Hoch gewinnen werden wir's nimmer“
Die Rail Cargo wurde schon 2019 von der Krise der deutschen Autoindustrie getroffen. Ihr Ergebnis (EBT, vor Steuern) erodierte auf fünf Millionen Euro, nach 23,5 Millionen 2018. Dass die ÖBB 2019 in Summe wieder wie 2018 ein EBT von gut 168 Millionen Euro einfuhr, verdankt sie dem Boom im Personenverkehr. 267 Millionen Fahrgäste sorgten fürs einen Passagierrekord. Eine Prognose für heuer gibt es nicht, aber Matthä legt einen Fußballer-Spruch auf: „Hoch gewinnen werden wir's nimmer.“
Claudia Haase