Riesige Erleichterung im Kärntner Fachhandel, aber auch Überraschung über das unerwartet frühe Aufheben der Sperre über Tausende kleine Geschäfte am Dienstag nach Ostern. "Ein erfreuliches Signal dass es aufwärts geht. Aber wir kleinen Händler werden sehr darauf schauen müssen, dass alle Schutzmaßnahmen eingehalten werden", sagt der Klagenfurter Juwelier Max Habenicht, der seit Corona-Schließung persönlich mit dem Fahrrad bis nach Ferlach Schmuck an Kunden ausgeliefert hat. "Während ich das Geschäft in der Bahnhofstraße aufsperren darf, muss jenes im Einkaufszentrum Südpark zu bleiben. Wie hebe ich für einen Teil meiner Mitarbeiter die Kurzarbeit auf, die beim AMS beantragt, aber noch nicht bestätigt ist?"
"Erster Stock bleibt vorerst zu"
"Ob die Kunden gleich in die Geschäfte gehen werden, solange die Ausgangsperren gelten?" Das fragt sich nicht nur Habenicht, sondern auch Helmut Zechner, Chef der Buchhandlung Heyn. "Epidemologisch kommt der Lockup eigentlich zu früh, ich hätte mit 1. Mai gerechnet. Einen Vollbetrieb kann ich mir noch nicht vorstellen. Wir werden einen Abholservice in Erdgeschoss machen, aber den ersten Stock zum Wohl von Kunden und Mitarbeitern vorerst nicht öffnen. Ich gehe selbst auch nirgendwohin einkaufen, ehe der Corona-Peak erreicht ist", so Zechner. Der Heyn-Onlineshop habe eine "unglaubliche Solidaritätswelle" erfahren. "Die Delle wird kleiner als gedacht."
"Jeder Tag früher zählt"
"Ich hatte mit Öffnung erst am 20. April gerechnet, aber je früher desto besser", ist inVelden Philipp Wrann "heilfroh!" Der Elektrofachhändler, der auch ein Küchenstudio führt, hat derzeit einen vormittägigen "Journaldienst für Reparaturen und Gerätebestellungen, nur der Verkaufsraum war geschlossen. Mit dem Onlineverkauf konnten wir Ausfälle abfedern." Die Situation sei insgesamt verkraftbar. "Eineinhalb schwierige Monate muss man überstehen können." Mit Öffnung will Wrann auch die sieben Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen.
Masken schneidern für die Kunden
"Unser Onlineverkauf ist seit dem Lockdown um 300 Prozent gestiegen", berichtet Modehändler Gregor Grüner. Viele Kunden hätten die Online-Hürde überwunden. "Sofort nach Ostern können sie auch wieder im Geschäft anprobieren und kaufen. Die Lockerung ist extrem positiv." Das Limit von einem Kunden je 20 Quadratmeter bedeute "fast Normalbetrieb bei uns. Unsere Schneiderei wird für alle Kunden eigene Masken herstellen. Eine eigene Security werden wir aber kaum anstellen können." Wie es mit dem Kurzarbeitsantrag für die 25 Mitarbeiter in den Geschäften in Klagenfurt und Velden weitergeht, werde man sich erst anschauen müssen.
"Vorzeitige Öffnung angedroht"
"Ich hatte der Wirtschaftskammer angedroht, bereits am heutigen Tag zu öffnen und Masken zu verkaufen, weil ist es ungrecht finde, dass die Supermärkte auch Textilien verkaufen dürfen", erklärte am Montag Thomas Rettl, der mit einem Onlinemagazin auf Onlinehandel setzte. "Es wird nicht gleich mit 100 Prozent losgehen, man wird sehen, ob sich die Leute schon auf die Straße heraustrauen." Von 25 Beschäftigten in den vier Trachtenmodegeschäften in Villach, Klagenfurt, Graz und Lech seien wenige in Kurzarbeit, der Großteil beim AMS arbeitslos gemeldet. "Wir werden mit 30 Prozent loslegen", so Rettl.
"Für Möbelhandel verschärft"
"Es war im stationären Handel für viele Geschäfte schon lebensbedrohlich", ist Handelsspartensprecher Raimund Haberl froh über den Lockup kommende Woche. Auch in seinem Farbengeschäft in Villach, das gerade in die 400-Quadratmeter-Grenze fällt. "Es ist aber auch jetzt viel über Telefon, Mail und Ausliefern gegangen, weil viele daheim die Zeit zum Ausmalen genutzt haben. Jeder Händler überlegt sich jetzt digitalen Verkauf. Denn es wird nicht einfach werden und es ist auch nicht sicher, ob die Leute ins Geschäft kommen werden", so Haberl. Dass die großen Supermärkte noch bis Karsamstag auch Non-food-Ware verkaufen dürfen, "ist kein Erfolg, den man herzeigen kann. Da bleiben die Kleinen auf der Strecke. Und für den Möbelhandel, der wegen der großen Flächen noch länger geschlossen bleibt, verschärft sich die Wettbewerbssitusation", so der Spartensprecher des Handels.
"Fünf vor zwölf für Gartengeschäft"
"Sehr erleichtert" ist Rudolf Grünanger, Chef der Raiffeisen-Genosenschaft Klagenfurt/St.Veit/Rosental über grünes Licht für den Lagerhaus-Bau- und Gartenmarkt ab kommender Woche. "Es ist fünf vor zwölf, weil das Frühjahresgeschäft voll läuft." Von drei Dutzend Mitarbeitern in Kurzarbeit bleibe nur ein kleine Team von vier Leuten weiter in Kurzarbeit "für einen Notbetrieb im Ansteckungsfall". Grünanger geht davon aus, dass auch in den WHG-Lagerhäusern die Kurzarbeit wieder beendet werden kann. "Dank Agrar- und Treibstoffhandel gibt es auch kein Liquiditätsproblem."
Adolf Winkler