"Es wird eine bedeutende Verwerfung für die Autoindustrie in diesem Quartal geben", sagte der Wirtschaftsweise Volker Wieland in einem am Dienstag veröffentlichten Reuters-Interview. Auf die Frage, ob deutsche Hersteller wie Daimler oder Volkswagen ihre Gewinnziele wegen der Viruskrise zurückstutzen müssten, antwortete er: "Ich denke schon. Auf jeden Fall wird es beim Absatz in China einen Einbruch geben - wenn auch nur temporär." Wieland hält es für möglich, dass es nach Abklingen der Krise einen positiven "Rückpralleffekt" im nächsten und übernächsten Quartal geben wird.
Die Autoindustrie spürt zurzeit weltweit die Folgen des Virusausbruchs in der Volksrepublik. Für die deutschen Hersteller ist China der wichtigste Markt und ein wachsender Produktionsstandort. Die Epidemie könnte Experten zufolge den Autoabsatz und die Fertigung in China in diesem Jahr um drei bis fünf Prozent nach unten drücken.
Einmaliger Schock?
Wieland verwies darauf, dass die deutschen Autounternehmen auch sehr viele Fahrzeuge in China produzieren. "Und das nicht nur für den chinesischen Markt. Das heißt, dass es auch Lieferprobleme geben wird, wenn sie oder ihre Zulieferer den Betrieb temporär einstellen." Doch werde das Virus auch wieder abklingen. "Und deswegen denke ich, dass man es als einmaligen Schock kategorisieren kann - wobei es auch nachfolgend eine gewisse Erholung gibt und nicht eine strukturelle Schwäche", sagte der Frankfurter Ökonom, der auch als Nachfolger des scheidenden Chefs der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, gehandelt wird.
China könnte Wachstumsziel absenken
In China sind an dem Virus nach Angaben der Gesundheitsbehörden bisher mehr als 1000 Menschen gestorben. Die Zahl der festgestellten Infektionen liegt bei mehr als 42.000. Die Führung in Peking strebt an, ihre wirtschaftlichen und sozialpolitischen Ziele für dieses Jahr trotz des Virusausbruchs zu erreichen. Wie Reuters von Insidern erfuhr, wird in Peking jedoch auch über eine Absenkung des angestrebten Wachstumsziels für 2020 von sechs Prozent diskutiert. Viele Ökonomen halten es ohnehin für nicht mehr haltbar.
Wieland sagte dazu: "Für uns als Beobachter ist es immer schwierig, mit den offiziellen chinesischen Wachstumszahlen umzugehen." Es gebe keine Volkswirtschaft, die so exakt und stabil sei wie China, was die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betreffe. Ob die Zahlen "auf die eine oder andere Weise" vielleicht doch angepasst würden, lasse sich nicht ausschließen. "Ob die Wachstumsziele in China gehalten werden, hat vielleicht auch einiges mit politischen Entscheidungen zu tun und nicht nur mit wirtschaftlicher Messung", sagte Wieland.