Der Großunternehmer Luciano Benetton, Großaktionär der italienischen Autobahngesellschaft ASPI, hat sich über "eine Hetzkampagne" gegen seine Familie nach dem Einsturz der Morandi-Brücke in Genua mit 43 Todesopfern beklagt. "Das ASPI-Management hat Fehler begangen, wir sind aber keine Kriminellen", so Benetton in einem öffentlichen Schreiben.
"Wer Fehler begangen hat, muss dafür zahlen. Was ich als unannehmbar betrachte, ist jedoch die Hasskampagne gegen meine Familie, auch seitens angesehener Regierungsmitglieder, die behaupten, dass wir bei Instandhaltungskosten auf den Autobahnen gespart haben, als wären wir Kriminelle. Das ist nicht tolerierbar", schrieb der 84-jährige Benetton, Präsident der gleichnamigen Textilgruppe, in dem öffentlichen Brief, der am Sonntag von mehreren Tageszeitungen veröffentlicht wurde.
Nicht nur wegen der Morandi-Brücke ist die von Benetton kontrollierte Autobahngesellschaft ASPI ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Vor einer Woche war nach einem Erdrutsch ein Teil eines Autobahnviadukts nahe Savona eingestürzt. Verletzt wurde dabei niemand. Die Staatsanwaltschaft von Genua beschloss am Montag außerdem die Schließung eines Teils der Autobahn A26, weil zwei Viadukte angeblich einsturzgefährdet seien. Daraufhin versprach Außenminister Luigi Di Maio, Chef der stärksten italienischen Regierungspartei Fünf Sterne, dass das Kabinett ASPI die Autobahnkonzession entziehen werde.
ASPI wird bereits Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit der Sicherheit der im August 2018 eingestürzten Morandi-Brücke in Genua vorgeworfen. Bei der Katastrophe waren 43 Menschen ums Leben gekommen. Gegen die Spitzenmanager von ASPI laufen Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung. Eine Autobahngesellschaft, die für den Tod von 43 Personen verantwortlich sei, könne nicht mehr von den Italienern die Autobahnmaut kassieren, argumentierte Di Maio. Die ASPI-Gesellschaft, die ein Netz von 3.500 Kilometern Autobahnstrecken verwaltet, beschäftigt 7.000 Personen.
Kein Mitglied der Familie Benetton habe jemals ASPI verwaltet, schrieb Luciano Benetton. Als Aktionär der Gesellschaft fühle sich die Familie Benetton als Opfer fehlerhafter Beschlüsse des ASPI-Managements. "Wir fühlen uns als Bürger, als Unternehmer und als Aktionäre verletzt. Als Familie Benetton betrachten wir uns als Geschädigte", so Benetton. Die Familie übernehme die Verantwortung dafür, ein Management an die ASPI-Spitze gestellt zu haben, das sich als unfähig erwiesen habe.
Benetton äußerte die Hoffnung, dass die Justizermittlungen bald Klarheit über die Verantwortungen der ASPI-Manager schaffen werden. Er rief die Institutionen und die Medien auf, auf die Suche nach einem Sündenbock zu verzichten. "Wer wie wir unternehmerisch tätig ist, erwartet sich von den Institutionen Ernsthaftigkeit und keine Hetzkampagnen", so Benetton.