Von einer „Amerikanisierung des Konsums“ spricht der Geschäftsführer des Handelsverbandes, Rainer Will, und bezieht sich dabei auf den heutigen „Black Friday“ und den am Montag folgenden „Cyber Monday“. Die beiden „Import-Einkaufstage“ aus den USA haben sich schon vor Jahren auch in unseren Breiten etabliert. Wobei rund um diese Tage mittlerweile vor allem im Online-Handel, aber zunehmend auch auf stationären Flächen ganze „Rabattwochen“ ausgerufen werden. Dem österreichischen Handel soll diese Schnäppchenjagd laut Prognosen heuer einen Umsatz von 110 Millionen Euro bescheren.
Uneingeschränkte Euphorie kommt dennoch nicht darüber auf. Denn in der kommenden Woche beginnt auch das offizielle Weihnachtsgeschäft. Dass die kalendarische Ouvertüre dafür eine ausgewiesene Rabattschlacht ist, setzt Preise und damit auch Händler unter Druck. Der Mehrumsatz schlägt sich kaum in höheren Erträgen nieder. Zudem lastet auf den Händlern ein Erwartungsdruck der Konsumenten, die mit üppigen Rabatten rechnen.
"Menschen sind für solche Narrative sehr empfänglich"
Für den Trendforscher Andreas Reiter sind diese Rabatt-Tage samt entsprechender Inszenierung für viele Konsumenten schon zum „Ritual“ geworden. „Menschen sind für solche Narrative sehr empfänglich“, so Reiter, der „von genialem Marketing“ spricht. So entstehe das Gefühl bei Konsumenten wie Händlern, „dass man da einfach dabei sein muss“. Das Wesen des Handels sei davon gekennzeichnet, „dass sich klassische Zeitfenster, Zyklen wie Sommer- und Winterschlussverkauf auflösen, alles wird hybrider“.
Doch wie groß ist das Schnäppchenpotenzial tatsächlich? Häufig mischen sich nur vermeintlich günstige Angebote ins allgemeine Rabatt-Getöse. So hat das Preisvergleichsportal Idealo die Preisentwicklung rund um den „Black Friday“ unter die Lupe genommen und mehr als 2500 Produkte ausgewertet. Fazit: Drei Viertel der Produkte waren am Schnäppchentag zwar günstiger als in den vier Wochen davor. Die durchschnittliche Preisersparnis in den 50 wichtigsten Produktkategorien lag jedoch bei lediglich sechs Prozent. Hohe Nachlässe gebe es oft nur für Ladenhüter, warnen Konsumentenschützer. Mehr denn je sei an Tagen wie diesen also der mündige Konsument gefragt.
Ein weiterer Wermutstropfen für heimische Händler: Diese Shopping-Events sind vor allem ein Hochamt für den Internet-Handel, wo mehr als die Hälfte der heimischen Ausgaben ins Ausland abfließen.
Eine Umfrage der Wirtschaftskammer zeigt: 61 Prozent der heimischen Händler fühlen sich gegenüber den globalen Onlineplattformen „sehr stark“ oder „stark“ benachteiligt. Vier von fünf Befragten sehen ein massives Ungleichgewicht, weil internationale Online-Riesen hierzulande nicht im selben Ausmaß „Steuern und Abgaben“ entrichten wie sie selbst, die Marktmacht der Giganten wird als Wettbewerbsverzerrung gewertet.
Wiener ÖVP für offenen Sonntag
Vor diesem Hintergrund hat nun die ÖVP Wien ihre Forderung nach einer Sonntagsöffnung in zuvor definierten Tourismuszonen wie der Wiener Innenstadt erneuert. Eine Blockade, so wird argumentiert, komme einem „Amazon-Förderungsprogramm“ gleich. Die Gewerkschaft ist strikt dagegen.