"Die Wirtshauskultur ist doch ein Kennzeichen für Österreich“ – seit Anfang 2018 ist der gebürtige Norweger Magne Setnes Vorstandschef von Österreichs größtem Brauereikonzern, der mit mehr als 50 Prozent Marktanteil dominierenden Brauunion. Das Wirtshaussterben in Österreich verfolgt er mit Sorge. Nicht nur weil sich damit ein wichtiger Absatzkanal verengt, sondern weil damit auch kulturelle Identität und eine Säule für das Leben in ländlichen Regionen verloren gehe. „Diese Erosion ist nicht nur für uns merkbar, die ganze Branche, wir alle, spüren das Wirtshaussterben, leider geht es in diese Richtung“, so Setnes. Die Mengenentwicklung für viele Getränkehersteller im Bereich der Gastronomie gehe seit Jahren zurück. Man beobachte auch einen Strukturwandel in der Branche, „die Einzelgastronomen und Familienbetriebe werden weniger“, so Setnes. Neue Player im Markt, etwa kleine Ketten oder Seriengastronomen, hätten häufig andere Bedürfnisse. Stärker als das heute in Kraft tretende Rauchverbot wirken sich aus seiner Sicht etwa die hohen Behördenauflagen aus. „Das merkt man vor allem bei einem Eigentümerwechsel, da werden dann häufig hohe Investitionen nötig und neue Auflagen schlagend.“
"Unsere Aufgabe, diese neuen Wege zu gehen"
Und wie wirkt sich die Konjunkturabkühlung auf den Bierabsatz aus? „Bier folgt der Konjunktur, aber sehr langsam“, sagt Setnes. Der österreichische Bier-Markt präsentiere sich seit Jahren sehr stabil. Mit einem jährlichen Bierkonsum von 106 Litern pro Kopf liegt Österreich – nach Tschechien – weltweit an der zweiten Stelle. Wobei ein Trend immer stärker durchschlägt: Die Nachfrage nach alkoholreduziertem und alkoholfreiem Bier steigt stetig, „diesen Trend sehen wir insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung, es ist unsere Aufgabe, diese neuen Wege zu gehen“, betont Setnes, der auch auf die geschmacklichen und technologischen Weiterentwicklungen verweist. „Seit einigen Jahren kommen hier ganz neue Brauverfahren zum Einsatz, das hat den Geschmack enorm weiterentwickelt.“ Gösser Naturgold sei das absatzstärkste alkoholfreie Bier Österreichs, das „Heineken 0,0“, das ebenfalls auf einem Brauverfahren aus Österreich basiere, überhaupt weltweiter Marktführer.
Gösser in Deutschland gefragt, Edelweiss in Asien
Bei der Brauuion liege der Anteil von Radlern und alkoholfreien Bieren am Gesamtausstoß bereits bei gut zehn Prozent, „das hat auch mit dem Export zu tun“, so Setnes. So sei der Gösser Naturradler zu einem Exportschlager in Deutschland geworden, „wir werden davon heuer 250.000 Hektoliter nach Deutschland exportieren und im nächsten Jahr ein neues Produkt einführen und so die Gösser-Familie in Deutschland erweitern“. Insbesondere in Berlin werde Gösser „ein bisschen als Kultbier gesehen“, in der Positionierung arbeite man hier mit dem Image Österreichs als gerade in Deutschland beliebtes Urlaubsland, mit der Natur, den Bergen. Ein „Kniff“, der auch in weiter entfernten Märkten auf „fruchtbaren Boden fällt“. So startete die Brauunion im Vorjahr den Export der Weißbier-Marke Edelweiss nach Südkorea. Im nächsten Jahr folge nun China, wo das „Weißbier aus den Alpen“ in Kooperation mit lokalen Konzernpartnern ebenfalls einschlagen soll, „wir exportieren ein klein wenig Österreich ins Ausland, das ist sehr spannend und mit hohen Erwartungen verbunden“, sagt Setnes.
Historische Absatzrekorde
Eines der großen Zukunftsthemen sei auch in der Brauereiwirtschaft der Klimawandel. Zum einen schlagen die Temperaturspitzen im Sommer massiv auf das Konsumverhalten durch. Heuer seien im Juni und Juli hintereinander Allzeitrekorde beim Bierabsatz der Brauunion geknackt worden. Eine gleichmäßige Auslastung über den gesamten Sommer hinweg gebe es wetter- und temperaturbedingt nicht mehr. „Dafür gibt es jetzt enorme Spitzen, die nicht einfach zu managen sind, die Dynamik ändert sich dadurch völlig, etwa im Bereich der Lagerbestände oder bei der Organisation von Mehrweggebinden“, sagt Setnes. Diese seien für ihn „der einzig richtige Weg für nachhaltige Zukunft“, bei der Brauunion liege der Anteil von Mehrweggebinden bei 72 Prozent. Das Thema der Klimaveränderung spiele aber auch bei Rohstoffen wie Braugerste und Hopfen eine zentrale Rolle – von den Preisen bis hin zur Verfügbarkeit. „Abhängig vom Klima gibt es Jahre, da können wir 80 bis 85 Prozent der Rohstoffe in Österreich kaufen, Jahre, wo das auf 70 Prozent zurückgeht“, so Setnes.