"Wir haben sie zu Gesprächen eingeladen und müssen sehen, was das Ergebnis sein wird", sagte der Osram-Finanzvorstand Ingo Bank über den steirischen Sensorhersteller ams am Montag dem Sender CNBC. ams hält inzwischen 19,99 Prozent an Osram.

ams hatte das bis zum vergangenen Freitag selbst gesetzte Ziel verfehlt, 62,5 Prozent der Osram-Anteile unter seine Kontrolle zu bringen. Das Angebot von ams sei offenbar nicht hoch genug gewesen, da die Aktionäre es nicht angenommen hätten, sagte Bank in dem Gespräch. Die Investoren Bain und Advent, die ebenfalls ein Angebot angekündigt haben, seien noch mit der Prüfung der Bücher beschäftigt. Dies werde in einigen Wochen beendet sein. "Aber es ist im Moment noch nicht klar, ob sie ein bindendes Angebot abgeben werden", sagte Bank.

Analyst Stefan Maichl von der Landesbank Baden-Württemberg hält es für wahrscheinlich, dass ams über die Börse weiter zukaufen werde. "Möglicherweise kommt auch von den Investoren Bain und Advent ein neues Angebot", sagte Maichl der Deutschen Presse-Agentur. "Doch das müsste schon sehr attraktiv sein, damit ams seine knapp 20 Prozent an Osram wieder abgibt." Ohne die 19,99 Prozent, die ams an Osram hält, sei es kaum möglich, die ursprünglich von Bain angestrebten 70 Prozent zu erreichen, sagt der Analyst.

Aktienkurse unter Druck

Osram-Vorstand und Aufsichtsrat hatten das Übernahmeangebot von ams in der Vergangenheit zwar befürwortet, aber mit so vielen Bedenken, dass dies von vielen als verstecktes Nein gewertet wurde. Alleine für den aktuellen Anteil an Osram dürfte die bereits hoch verschuldete ams um die 800 Millionen Euro ausgegeben haben. Bei einem weiteren Zukauf über die Börse müsste das Unternehmen ab einem Anteil von 30 Prozent erneut ein Angebot zur Übernahme von Osram abgeben. Geschieht dies im nächsten halben Jahr, müssten mindestens die 41 Euro des gescheiterten Übernahmeangebots geboten werden. Am Montagnachmittag notierten die Osram-Aktien mit einem Minus von 4 Prozent bei 39,20 Euro, ams-Papiere verloren an der Börse Zürich knapp 2 Prozent auf 44 Franken (40,32 Euro).

Eine Übersicht über die Optionen für die ams AG

  • NEUER ANLAUF

Knapp elf Prozent der Osram-Aktien fehlten ams, um die angepeilten 62,5 Prozent einzusammeln. Eine besondere Hürde war der hohe Anteil von Kleinanlegern (rund ein Viertel), denen die Zeit kaum reichte, um das aufgestockte Übernahmeoffert von 41 Euro anzunehmen. Bei einem neuen Angebot hätten sie mehr Zeit. Doch dazu bräuchte ams die Zustimmung des Osram-Vorstands, sonst ist ams nach dem Übernahmegesetz für zwölf Monate blockiert. Osram hatte dem ersten ams-Angebot zähneknirschend, aber letztlich doch zugestimmt. Schon um einen Kursverfall der Aktie zu verhindern, könnten Olaf Berlien und sein Vorstandsteam sich nun erneut dazu durchringen.

  • EINIGUNG MIT BAIN UND ADVENT

Fast ein Jahr hat sich Bain Capital schon mit Osram befasst. Will der Finanzinvestor da einfach aufgeben? Bis zuletzt waren Experten von Bain und dem neuen Partner Advent noch bei Osram zugange, um erneut die Bücher zu prüfen. Doch ein Angebot gegen einen Großaktionär ams, der inzwischen knapp 20 Prozent hält, wäre ein Himmelfahrtskommando. Fast illusorisch, dass Bain und Advent auf einer Hauptversammlung unter diesen Umständen die nötigen 75 Prozent bekämen, um Osram ganz unter ihre Kontrolle zu bekommen. Also müsste man sich irgendwie einigen - aber wie? Sich Osram zu teilen, bringt beiden nichts. Osram aufzuteilen, auch nicht - denn beide finden im Wesentlichen dieselben Teile des Lichtkonzerns attraktiv und dieselben uninteressant.

  • ZWÖLF MONATE WARTEN

Nach zwölf Monaten dürfte ams einen neuen Anlauf nehmen, ohne Osram um Erlaubnis zu fragen. Doch wie steht der deutsche Lichtkonzern dann da? Schafft Vorstandschef Berlien es, schnell aufzuräumen in München, trotz des drohenden Abschwungs? Berlien stellt sich zwar notgedrungen auf Eigenständigkeit ein - doch wollte er nicht umsonst die Finanzinvestoren an Bord holen, um den Konzern in Ruhe und ohne Druck der Börse neu aufzustellen. Schließlich hat Osram mehrere Gewinnwarnungen hinter sich. Analysten rechneten zuletzt mit einem Verlust von 200 Millionen Euro für das gerade beendete Geschäftsjahr 2018/19. Je mehr die Hoffnung auf eine Übernahme schwindet, desto schneller könnte die Osram-Aktie fallen - und damit auch der Wert des 800-Millionen-Euro-Pakets von ams.

  • WEITER AUFSTOCKEN

Mit einer Aufstockung der Anteile auf 30 Prozent könnte ams die Wartefrist aushebeln. Denn dann wäre ein Pflichtangebot fällig - und dabei wären die Österreicher nicht einmal an die 41 Euro aus dem ersten Angebot gebunden. Dann gilt der gewichtete Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate als Maßstab. Doch für eine Aufstockung über 20 Prozent hinaus bräuchte ams grünes Licht vom deutschen Bundeskartellamt. Das kann dauern. Und ob es dann mit der angestrebten Kontrollmehrheit klappt, ist offen.

  • FUSION AUF AUGENHÖHE

Die IG Metall hatte bereits einen "Merger of Equals" - also eine Fusion auf Augenhöhe - zwischen Osram und ams ins Gespräch gebracht. So etwas findet meistens über einen Aktientausch statt. Vom Firmenwert her würde das passen, beide Unternehmen sind am Aktienmarkt ähnlich viel wert. Und es hätte den Vorteil, dass sich ams für die Übernahme nicht verschulden müsste. Die Arbeitnehmervertreter befürchteten, dass der Zwang zum Geldverdienen, um die Kredite rasch zu tilgen, zu Lasten der Osram-Belegschaft geht. Doch zwischen den Vorständen von Osram und ams ist zu viel Porzellan zerschlagen worden, als dass man sich eine Einigung vorstellen könnte - jedenfalls so lange die beiden Firmenchefs Berlien und Alexander Everke am Ruder sind.

  • KOOPERATION

Mit knapp 20 Prozent lässt sich der Großaktionär ams von Osram nicht ignorieren. Osram-Chef Berlien selbst regte am Freitag Gespräche über "eine sinnvolle und für beide Unternehmen vorteilhafte Kooperation im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben" an. Beide beliefern die Automobilindustrie, Licht und Sensoren ergänzen sich. Damit ließe sich wenigstens ein Teil der Synergien heben, die ams sich erhofft hatte - zu beider Nutzen.