Sogar Pleiten sind nicht mehr das, was sie früher einmal waren. „Beim ersten Privatkonkurs, den ich als junge Juristin zu bearbeiten hatte, betrugen die Schulden 20 Millionen Schilling, rund 1,4 Millionen Euro. Im Vorjahr bekam ich einen Privatkonkurs auf den Tisch mit 14 Millionen Euro Passiva.“ Beatrix Jernej (46) erklärt das auch mit dem seit November 2017 geänderten Insolvenzrecht. Schuldner müssen den Gläubigern nicht mehr zehn Prozent Mindestquote zahlen. So können auch gescheiterte Unternehmer mit persönlichen Haftungen in Privatkonkurs gehen.
„Die durchschnittliche Schuldenhöhe ist aber heuer auf 134.000 Euro gesunken“, erzählt die neue Leiterin der Kärntner Landesstelle des Alpenländischen Kreditorenverbandes AKV.
Karrierestart am Konkursgericht
Ihr Spezialgebiet sind Privatpleiten. Dafür hat die Klagenfurterin, die am BG 2 maturierte, nach Geschichte und Mathematik Jus in Graz und Salzburg studiert. Während des Gerichtsjahres am Landesgericht Klagenfurt gewann sie als Rechtspraktikantin beim legendären Konkursrichter Johannes „Nessie“ Schnabl spannende Einblicke in die Abgründe der Schuldenkrater. Arno Ruckhofer, der nach 33 Jahren als Kärntner AKV-Chef in Pension geht, überzeugte die junge Doktorin Juris zum Wechsel an die Seite der Gläubiger.
Privatkonkurse
„Bei Privatkonkursen haben wir es zunehmend mit einkommensschwachen Personen zu tun, häufig wegen Arbeitslosigkeit oder Drogensucht“, erzählt Jernej. Unter den 408 Privatkonkursen im ersten Halbjahr 2019 seien Einzelpersonenunternehmen mit Gewerbeberechtigung im Dienstleistungsbereich häufig anzutreffen. „Zum Beispiel ausländische 24-Stunden-Pflegekräfte, die nicht an Sozialversicherungsbeiträge denken.“
Guter Rat: "Pünktlich zahlen"
Für alle, vor allem junge Menschen, hat Jernej diesen einfachen Rat vor der Schuldenfalle parat: „Pünktlich zahlen! Und nicht denken, dass Umsatz gleich Gewinn ist. Sich vorher aufklären lassen und Kosten bei Dienstnehmern, Finanzamt, GKK und Sozialversicherung immer im Blick haben.“
Sanierung als Ziel
Die Kür für Kreditschützer sind Firmenpleiten. „Denn da kann man auch zum Gelingen einer Sanierung beitragen, damit ein Unternehmen und Arbeitsplätze erhalten bleiben“, schildert Jernej als großes Aktiva ihrer Aufgabe. „Das ist juristisch spannend, man muss für das Wirtschaftliche ein Gespür haben und oft auch Psychologin sein.“ Auch wenn als Rechtsbegriff abgeschafft, ist der Konkursspezialistin der Ausgleich wichtig - „im Garten, mit Dackel Milli und beim Golfen am Klopeiner See.“
Zur Person
Beatrix Jernej (46) aus Klagenfurt, maturierte am 2. BG, studierte Mathematik und Geschichte sowie Jus in Graz und Salzburg.
Die promovierte Juristin trat nach dem Gerichtsjahr in den Alpenländischen Kreditorenverband Kärnten ein, den sie ab 1. November als Nachfolgerin von Arno Ruckhofer leiten wird.
Adolf Winkler