Wie hoch türmte sich der Schuldenberg, den Sie als Gläubigerschützer in Kärnten abzuarbeiten halfen?
ARNO RUCKHOFER: Sehr hoch. 6000 Unternehmensinsolvenzen und 15.000 Privatinsolvenzen in 33 Jahren. Es gab oft Dramen, auch Tränen. Aber bei vielen Firmen konnten wir erreichen, dass sie erhalten blieben und nicht verwertet wurden.
Die krachendste Pleite?
Das war sicher das Zellstoffwerk Magdalen Ende der 80er-Jahre mit 1,8 Milliarden Schilling Schulden.
Der Pleitier Wilhelm Papst riss Erwin Frühbauer mit und das Desaster kostete auch die Kärntner SPÖ und Landeshauptmann Leopold Wagner den Thron.
Allerdings. Das Land haftete und schaute ein. Die legendären Masseverwalter Kurt Dellisch aus Klagenfurt und Albert Ritzberger aus Villach bekamen ein für damalige Zeit hohes Honorar von einer Million Schilling. Heute kommt jeder Masseverwalter bald auf 70.000 Euro.
Oft gingen mit Pleiten auch viele Arbeitsplätze unter, mit schweren Schicksalen für Betroffene.
In den 90er-Jahren waren beim Konkurs des Kettenwerkes Brückl 130 Mitarbeiter betroffen, bei Hutter & Schrantz in Klagenfurt 200. Im Jahr 2005 traf es 190 Beschäftigte bei Gallus in Wolfsberg.
War die AvW-Pleite absehbar?
Lange Zeit nicht. Sie traf überwiegend Leute, die spekuliert haben. Bei zwölf Prozent versprochener Rendite kann man gleich ins Casino gehen.
Manche Pleitiers tauchen immer wieder am Konkursgericht auf, quasi unter anderem Namen.
Da fallen mir die Konkurse des FC Kärnten, des SK Austria Kärnten und des SK Austria Klagenfurt in den Jahren 2008, 2010 und 2011 ein.
Die Masse waren die Kicker?
Der erste war, glaube ich, ein abgewiesener Konkurs. Die Spieler wären am 1. Jänner alle frei und weg gewesen. Da ging ich drei Tage vor Weihnachten zur Bank, die zwei Millionen Euro Barkredit gab, damit ich am selben Abend beim Stadion die Spieler auszahlen konnte, mit so viel Bargeld im Finstern war ich natürlich bewaffnet.
Welcher Kridafall bleibt Ihnen besonders in Erinnerung?
Konkursrichter Otto Trinks hat einmal einen Schuldner im Gerichtssaal festnehmen lassen, weil auf dessen Sparbuch, das er vor Gericht herausrücken musste. Statt 100.000 Schilling nur mehr 1000 Schilling drauf waren, der Rest war verzockt.
Richtig patscherte Schuldner?
Na ja, für die meisten Pleitiers war ohnehin immer alles andere schuld. Und Glücksritter, die ohne Kapital etwas versuchen, hat es immer gegeben. Einem gelang aber auch das Kunststück, nach 1,7 Millionen Euro Lottogewinn hoch verschuldet in Konkurs zu gehen.
Vergeigt mit Firma oder Casino?
Beides. Wir haben immer für die geschädigten Lieferanten und Handwerker gekämpft, die bei Insolvenzen Geld und Kunden verloren und in Liquiditätsnöte gerieten. Ein Paradefall war die Konsum-Pleite.
Da traf es österreichweit viele Lieferanten bis zu Bäckern im Ort.
Und auch große Lieferanten, zum Beispiel brach mit dem Konsum Geflügel Wech der größte Kunde weg. Mit dem Kauf eines schließenden Truthahnbetriebes in Glanegg bekam Wech zum Glück bei Billa den Fuß in die Tür.
Die Insolvenzstatistik führte aber meist die Gastronomie an.
Ja, auch wegen der Abgabenlast. Betriebe konnten oft die früher verlangte Getränkesteuer nicht zahlen. Bei Hotels gingen die Insolvenzen aber zurück.
Weil verschuldete Hotels heute zu Appartments werden?
Oder als Immobilie verwertet. Hingegen sind bei Insolvenzen von Produktionsbetrieben kaum mehr Aktiva da, weil die Maschinen geleast sind. Ein Auto gab es schon lange nicht mehr in einer Konkursmasse.
Ihre Klientel waren auch die Banken als Gläubiger. Weil gut besichert am häufigsten schadlos?
Die Banken gaben früher sogar oft Geld für Sanierungen. Jetzt sind sie mit Kreditvergaben vorsichtig geworden. Bankverbindlichkeiten sind heute bei Insolvenzen eher gering.
Der Ausgleich, der am Gericht nicht gelang, wurde beim Augustin manchmal doch noch erreicht?
In unserer Zeit mit Konkursrichter Johannes „Nessie“ Schnabl sind die Entschuldungen in 90 Prozent der Fälle gelungen. Heute ist es leichter, weil im Sanierungsverfahren die Barquote von 20 Prozent binnen einem oder zwei Monaten gefallen ist und jetzt fünf bis sechs Teilraten binnen zwei Jahren möglich sind.
Adolf Winkler