Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat eine deutliche Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt und dies unter anderem mit geopolitischen Risiken und Protektionismus erklärt. Es seien "signifikante geldpolitische Impulse" notwendig, sagte Draghi am Donnerstag auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Zinsentscheidung.
Er bekräftigte frühere Aussagen, dass die Notenbank bereit sei, alle geldpolitischen Instrumente anzupassen.
Der konjunkturelle Ausblick werde immer schlechter, sagte Draghi weiter. Er verwies vor allem auf die negative Entwicklung in der Industrie. Die noch vor Wochen erhoffte Erholung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte sei "nun weniger wahrscheinlich". Dabei spiele die Bedrohung durch den Protektionismus eine Rolle, sagte Draghi mit Blick auf den von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelsstreit mit China. Hinzu komme als zusätzliche Sorge die Möglichkeit eines harten Brexit. Das Risiko einer Rezession sei allerdings ziemlich gering.
Brexit als harter Schlag
Der neue britische Premierminister Boris Johnson hat seine Landsleute unmittelbar nach der Amtsübernahme auf einen ungeregelten EU-Ausstieg eingestimmt, der nach Ansicht von Experten die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals hart treffen würde.
Zuvor hatte die Notenbank angekündigt, dass unter anderem die Einführung von Staffelzinsen geprüft werde. Um die Geschäftsbanken der Eurozone nicht zu sehr zu belasten, sollen Optionen geprüft werden, darunter ein gestaffelter Strafzins auf geparktes Geld. Außerdem sollen Mitarbeiter der EZB Optionen für mögliche neue Anleihekäufe prüfen.