Zwei der führenden Industrievertreter in Österreich, Ex-Siemens-Vorständin Brigitte Ederer sowie der derzeitige Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun, sorgen sich um einen Ausverkauf heimischer Betriebe an China. Die Liste der Firmen mit chinesischem Eigentümer oder Gesellschafter wird immer länger: ATB, Diamond Aircraft, FACC, Palfinger, Wolford.
Auch im Bahnsektor drängt China massiv nach Europa. Die private Westbahn etwa plant ihre neuen Züge in China zu ordern. Ederer und Hesoun sehen die EU gefordert und vermissen eine europäische Industriepolitik, die das verhindert und die versucht, Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Es gebe keine Cloud-Anbieter und auch keine Batterieerzeugung in Europa, bemängelte Ederer. Sie würde sich mehr Firmen wie Airbus wünschen. Airbus ist der größte europäische Flugzeughersteller.
"Protektionismus ist nicht nachhaltig, aber wir wünschen uns Reziprozität", sagte Hesoun am Dienstag beim Jahresgespräch des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI), dessen Präsident er seit Anfang Juli ist. Hesoun folgte in dieser Funktion Ederer nach, die dem Verband neun Jahre lang vorstand. Schon bei Siemens folgte Hesoun damals auf Ederer, die nach Deutschland wechselte.
Hoffen auf neues Außenhandelsgesetz
Sowohl China als auch die USA behielten sich vor, wer bei ihnen investieren dürfe und wer nicht, die EU mache das umgekehrt nicht, räumte Hesoun ein. China subventioniere seine Exportprodukte und biete Preise, bei denen europäische Firmen nicht mitkönnten. Die Antwort der USA sei Protektionismus.
Hesoun hofft nun auf das neue Außenhandelsgesetz, das Österreich die Chance gäbe, Zukäufe von außereuropäischen Unternehmen in Österreich notfalls zu verhindern. Als Negativbeispiel nannte er den deutschen Roboterhersteller Kuka, der von chinesischen Investoren übernommen wurde. Der Fall hatte für Schlagzeilen gesorgt, da chinesische Unternehmen verstärkt in deutsche Hightech-Unternehmen investieren. Politiker in Brüssel und Berlin hatten sich dagegen ausgesprochen, dass Spitzentechnologien in chinesische Hände fallen.
Fast 2000 neue Beschäftigte
Trotz Gegenwinds durch Handelskriege und abgeschwächte Konjunktur blickt die Elektro- und Elektronikindustrie auf ein sehr gutes Jahr zurück. Der zweitgrößte Industriezweig Österreichs steigerte den Produktionswert 2018 um 8,4 Prozent auf 18,83 Milliarden Euro, was sich auch positiv auf die Beschäftigung dieses Sektors auswirkte. Die Zahl der Beschäftigten (Arbeiter und Angestellte) wuchs um 3 Prozent oder über 1900 auf fast 67.000 Personen. Die Exportquote beträgt 83,2 Prozent. Hauptabnehmer sind die Mitgliedsstaaten der EU, hier insbesondere Deutschland. Branchentreiber sind elektronische Bauelemente, gefolgt von Automatisierungstechnik, Motoren, Generatoren und Transformatoren.
Digitalisierung als das Thema der Zukunft
Die Stärke der Branche liege im Bereich der Produkte, die Schwäche bei Dienstleistungen, kreativen Geschäftsmodellen und der Datenverarbeitung, ergab laut Ederer jüngst eine Wifo-Studie. Das Thema der Zukunft sei Digitalisierung. Eine Herausforderung sei, ausreichend gut ausgebildete Mitarbeiter zu finden, zumal es zu wenige IT-Techniker gebe. Universitäten und Fachhochschulen müssten mehr Schwerpunkte auf IT, Datenanalyse und künstliche Intelligenz setzen.