Der Industriekonzern Thyssenkrupp muss seine geplante Fusion mit Tata aufgeben und auch die Spaltung des Konzerns auf Eis legen. Das Unternehmen will bei dem nun geplanten Stellenabbau möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommen.
Das sehe eine Grundlagenvereinbarung des Unternehmens mit der IG Metall vor, teilte Thyssenkrupp-Personalvorstand Oliver Burkhard über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. "Betriebsbedingte Kündigungen wollen wir vermeiden, sind aber in Ausnahmen (ultima ratio) möglich", heißt es in dem Tweet Burkhards. Die Vereinbarung mit der Gewerkschaft sei ein "gutes Signal". Sie beschreibe, "was wir uns zumuten". Thyssenkrupp will in den kommenden drei Jahren 6000 Stellen streichen, davon 4000 in Deutschland.
Radikaler Strategiewechsel
Thyssenkrupp steht vor einem radikalen Strategiewechsel. Der Konzern hatte am Freitag seine geplante Aufspaltung in zwei eigenständige Unternehmen abgesagt und auch die Fusion seiner Stahlsparte mit dem indischen Konkurrenten Tata gestoppt. Man rechne nicht mehr mit der Genehmigung der Fusion durch die EU-Kommission, hatte Thyssenkrupp-Vorstandschef Guido Kerkhoff gesagt. Den Wettbewerbshütern habe der angebotene Verkauf einzelner Werke nicht gerecht. Weitere Zugeständnisse wollten Thyssenkrupp und Tata nicht machen.
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) begrüßte die Vereinbarung. "Das Konzept, das mir Vorstand und Gewerkschaften gemeinsam vorgestellt haben, ist überzeugend. Es bietet Zukunftschancen für Thyssenkrupp und für Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen", ließ er nach einem Treffen mit Kerkhoff und dem Vizevorsitzenden des Thyssenkrupp-Aufsichtsrats, Markus Grolms von der IG Metall, mitteilen.
Spannung vor der Sitzung des Aufsichtsrats
Nächste wichtige Etappe ist eine Sitzung des Aufsichtsrats am 21. Mai. Dort will sich Kerkhoff die Zustimmung des Kontrollgremiums für seine Pläne abholen. Bereits am Samstagabend empfahlen mit dem Strategie-, Finanz- und Investitionsausschuss sowie dem Präsidium des Aufsichtsrats wichtige Gremien, grünes Licht zu geben.
Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört laut der Geschäftsordnung, grundlegende Änderungen der Konzernorganisation mit dem Vorstand zu erörtern und hierzu Beschlussvorschläge an den Aufsichtsrat vorzubereiten. Martina Merz ist sowohl Vorsitzende des Aufsichtsrats als auch Vorsitzende des Strategie- und Investitionsausschusses. Sie sprach am Samstag laut Mitteilung von einer verantwortungsvollen Entscheidung des Vorstandes.
Kerkhoff hatte bereits am Freitag deutlich gemacht, dass er den Aufsichtsrat, in dem die Krupp-Stiftung und der schwedische Investor Cevian die größten Aktienpakete vertreten, auf seiner Seite sieht. Cevian-Co-Chef Lars Förberg forderte, es sei eine fundamentale Neuausrichtung notwendig.
Gegenwind aus Brüssel
Thyssenkrupp hatte nach Gegenwind aus Brüssel die Stahlfusion mit dem indischen Konkurrenten Tata gestoppt und auch die geplante Aufspaltung des Konzerns in zwei eigenständige, börsennotierte Unternehmen für Werkstoffe und für Industriegüter abgesagt. Laschet äußerte Verständnis, dass der Konzern der EU-Kommission nicht weiter entgegengekommen ist, um deren Zustimmung doch noch zu erhalten. "Es ist richtig, dass man nicht weiter nachgegeben hat, sondern jetzt einen Schnitt gemacht hat", sagte er.
Der Konzern soll als Ganzes erhalten bleiben. Jedoch sollen 4000 mehr Stellen gestrichen werden als bisher geplant. Die IG Metall hatte mit Thyssenkrupp für den Fall der Stahlfusion mit Tata weitreichende Beschäftigungsgarantien vereinbart. Laschet sagte dazu, "ich glaube, dass aus diesem Geist heraus auch das, was jetzt ansteht, gemeinsam gelöst wird".
Aufzugssparte an die Börse
Um neues Geld in die Kasse zu bekommen, will Kerkhoff die profitable Aufzugssparte an die Börse bringen. Dem Vernehmen nach wird in Kreisen der Arbeitnehmerseite ein möglicher Börsengang der Aufzugssparte nicht grundsätzlich abgelehnt. Dies könnte ein Weg sein, eine komplette Zerschlagung des Konzerns zu verhindern. Wichtig wäre deshalb, dass das Kapital aus einem möglichen Börsengang im Konzern bleibe, in die Zukunftsfähigkeit investiert werde und nicht ausgeschüttet werde. Laschet sagte, Vorstandschef Kerkhoff habe bestätigt, dass alle Erlöse aus dem Börsengang in das Unternehmen gesteckt werden sollen.