Natürlich sei das Erreichen des administrativen Überschusses 2019 "noch herausfordernder", weil die Planung auf ursprünglich zwei Prozent BIP-Wachstumsprognose gefußt habe, nun habe zuletzt die EU-Kommission die Prognose für Österreich auf 1,6 Prozent gesenkt habe, sagte Löger am Freitag.
Wie die EU-Kommission im Februar gingen zuletzt auch die Ökonomen der Bank Austria für heuer von nur noch 1,6 Prozent realem Wirtschaftswachstum aus. Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und Institut für Höhere Studien (IHS), die im Dezember noch 2,0 bzw. 1,7 Prozent prognostiziert hatten, werden in einer Woche wohl einen gedämpfteren Ausblick vorlegen.
"Noch in keiner Bedrohungslage"
Er gehe davon aus, dass die neue BIP-Prognose des Wifo am Freitag kommender Woche "etwa in einer ähnlichen Dimension" wie jene der EU-Kommission liegen wird, nämlich vielleicht 50 Basispunkte tiefer im Vergleich zur vorigen Prognose, sagte Löger im Klub der Wirtschaftspublizisten. "Ein Wachstum von 1,6 Prozent ist etwas, mit dem man arbeiten kann. Auch mit 1,5 Prozent bin ich noch in keiner Bedrohungslage", versicherte er. "Auch im kommenden Budget, für 2020, werden wir den soliden Budgetplan halten", zeigte sich der Minister überzeugt; die Bank Austria erwartet dann nur 1,5 Prozent BIP-Plus.
Bei der aktuellen Konjunktur müsse man beim Begriff "Aufschwung" wohl das "Auf" wegnehmen, "aber es ist Schwung da", meinte Löger. Die "ehrlichste Rechnung" sei für ihn ohnedies das administrative Budget, die reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung des Bundes. Hier soll es ja ab heuer Überschüsse geben - erstmals seit 1954, also seit 65 Jahren.
Auch für die bis Ende April erforderliche Meldung der mittelfristigen Finanzplanung an die EU-Kommission in Brüssel erwarte er im Lichte der Konjunkturabschwächung "keine dramatische Veränderung" im Vergleich zu den früher genannten Ziffern, so Löger - etwa die Zahlen aus dem Strategiebericht zum Finanzrahmen des Bundes aus dem Vorjahr, auf die auch seit der Regierungsklausur im Jänner immer wieder verwiesen worden ist. Demnach wurde für heuer ein Maastricht-Saldo von 0,0 Prozent des BIP erwartet und für die Folgejahre 2020/21/22 Überschüsse von 0,1, 0,2 und 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung.
"Ich kann bis heute nicht nachvollziehen"
Für die von Beobachtern als spektakulär empfundenen Abgänge an den Aufsichtsratsspitzen der Großkonzerne Verbund und OMV mit maßgeblicher Staatsbeteiligung fehlt Finanzminister Löger weiter das Verständnis. "Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, welche Argumentation dazu geführt hat", meinte er am Freitag zu den länger avisierten Rücktritten der zwei AR-Chefs bei den nächsten HVs.
Ex-Siemens-Konzernchef Peter Löscher hatte im September sein Ausscheiden als AR-Vorsitzender beim Ölkonzern OMV (Staatsanteil 31,5 Prozent) angekündigt, der frühere OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss seinen Abgang als Chefaufseher beim - ebenfalls börsennotierten - Stromkonzern Verbund, der zu 51 Prozent der Republik Österreich gehört. Löscher hatte in einem in- und ausländischen Medien zugespielten Schreiben an Finanzminister Löger unter anderem zum Ausdruck gebracht, wie sehr ihm der zunehmende Staatseinfluss auf die Geschicke der OMV missfalle. Auch bei Roiss stehe der Rücktritt als AR-Chef beim Verbund in engem Zusammenhang mit der Reform der Staatsholding (nun ÖBAG, früher ÖBIB), hatten Zeitungen berichtet. Die Reform sollte ja wieder mehr Einfluss auf das Beteiligungsmanagement der Staatsbeteiligungen bringen.
"Sinnhafte aktive Managementmöglichkeit"
Löger bekannte sich dazu, dass es mit der ÖBAG als Aktiengesellschaft "wieder eine sinnhafte aktive Managementmöglichkeit" geben solle. Das beinhalte auch die Möglichkeit, über den Vorstand der ÖBAG wieder in den Aufsichtsräten von Beteiligungsunternehmen vertreten zu sein "und dort, wo es sinnhaft und möglich ist, auch den Vorsitz anzustreben", so der Minister. Die als GmbH organisierte ÖBIB sei "verunglückt" gewesen.
Über die Besetzung des vakanten ÖBAG-Vorstandspostens - die Bewerbungsfrist dafür ist am Donnerstag abgelaufen -, soll der ÖBAG-Aufsichtsrat bis Ende kommender Woche entscheiden, sagte Löger. Kommende Woche gebe es dazu noch Hearings mit den Kandidaten. Bewerber habe es "viele" gegeben, verwies Löger auf Angaben aus der ÖBAG von Mitte dieser Woche.
Zur ÖBAG gehören unter anderem auch die Staatsanteile von Post (52,85 Prozent), Telekom Austria (28,42 Prozent), Casinos Austria (33,24 Prozent) und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG, 100 Prozent). Der 51-prozentige Verbund-Anteil der Republik gehört formal weiterhin dem Finanzministerium, wird aber von der ÖBAG verwaltet.
Digital- und Finanztransaktionssteuer nicht vom Tisch
Löger verfolgt unterdessen seine Digitalsteuer-Pläne auf nationaler Ebene weiter und lässt auch bei der auf EU-Ebene bisher gescheiterten Finanztransaktionssteuer nicht locker. Bei der FTT sei ihm eine reine Aktiensteuer, wie zuletzt von Deutschland und Frankreich präferiert, zu wenig - hier kämpfe er weiter um eine Verbreiterung, inklusive Derivate, so Löger.
Lange Zeit hatte es für den Plan einer Finanztransaktionssteuer ja "zehn willige" EU-Länder gegeben, dann waren überraschend Deutschland und Frankreich ausgeschert, womöglich im Zusammenhang mit anderen Überlegungen, etwa in Richtung Dotierung eines eigenen Eurozonen-Budgets. "Ich trau mich heute nicht einzuschätzen, welche Chance auf Gesamtebene besteht, glaube aber, dass alle zehn interessiert sind", meinte Löger im Klub der Wirtschaftspublizisten.
Anfang April im Rahmen des nächsten informellen Ecofin in Bukarest würden sich die Finanzminister wieder mit dem Thema beschäftigen, um dann im Mai oder spätestens Juni beim Ecofin oder auf Eurogruppen-Ebene mehr Informationen zu haben.
"Fairness in der Besteuerung der Wirtschaft"
Bei der geplanten heimischen "Digitalsteuer" gehe es um "Fairness in der Besteuerung der Wirtschaft". Denn in Europa sei die Wirtschaft im Schnitt mit 23 Prozent besteuert, die "digitale Welt" mit 8 bis 9 Prozent, dabei aber die großen Konzerne wie Google, Amazon, Alibaba usw. oft nur mit 1 bis 2 Prozent oder sogar "Null Komma". Denn es fehle für eine Besteuerung eine regionale physische Betriebsstätte. In dem Sektor würden aber bis zu 40 Prozent vom Umsatz als Gewinn lukriert. "Wir haben also ein systemisches Thema", es gehe gar nicht nur um den digitalen Aspekt. Das würden auch zum Beispiel die USA und China realisieren, dass es problematisch sei, wenn gerade die Konzerne, die womöglich künftig die Weltwirtschaft tragen, keine Beiträge zur Finanzierung von Pensions- und Gesundheitsthemen oder Bildungsreformen leisten würden.
Natürlich sei die Umsatzbesteuerung, wie er sie nun im heimischen Digitalpaket plane, "nicht der Weisheit letzter Schluss", räumte Löger ein. Jedoch gehe es um eine "Wettbewerbsgleichheit gegenüber den österreichischen Händlern", etwa wenn hierzulande bei einem Warenwert ab Null besteuert werde, im Online-Paketversand von außerhalb der EU an Private erst ab 22 Euro. Wenn der Zoll dann Pakete öffne, etwa von Alibaba, stelle sich heraus, dass auffallend oft der Wert ganz knapp unter 22 Euro eingegeben sei, auch wenn er augenscheinlich höher sei, so der Minister. Letztlich werde das Thema wohl auf OECD- und G-20-Ebene landen, wo auch die USA dabei seien; eine Umsetzung könne auf Basis der WTO erfolgen.
Schärfere und klarere Regeln auch für Airbnb & Co.
Weiterer Punkt beim Digitalpaket soll eine "schärfere, klarere" Gesetzesregelung für Online-Vermittlungsplattformen wie Airbnb sein. Neben der geplanten Pflicht zur Meldung von Zimmervermietern solle auch eine Haftung für die Vermittler, also die Plattformen, kommen: "Es wird eine direkte Haftung für die entgangene Steuer- bzw. Abgabenleistung aufgebaut", etwa wenn eine Plattform einen Zimmeranbieter nicht gemeldet hat, erläuterte Löger.