Als Mayr-Melnhof vor 25 Jahren an die Börse ging, war eine der spannendsten Fragen, wie gut die dort erforderliche weitgehende Transparenz auf der einen und die Zurückhaltung der Eigentümerfamilie auf der anderen Seite zusammenpassen. Das Ergebnis ist durchaus interessant: Der Konzern liefert praktisch seit Jahrzehnten eine maximale Erfolgsserie bei minimaler öffentlicher Präsenz. Auftritte im Sinne von Eigenwerbung würden den Vorständen nicht einmal ansatzweise in den Sinn kommen. Selbst Pressekonferenzen sind inzwischen Geschichte – sie wurden ersetzt durch Telefonkonferenzen.
Dort berichtete Mayr-Melnhof-Chef Wilhelm Hörmanseder über das Rekordjahr 2018, dem – wenig überraschend – heuer und 2020 die nächsten folgen sollen. Mit 164 Millionen Euro packte der Karton- und Faltschachtelhersteller fast sechs Prozent mehr Gewinn auf das vorherige Jahresergebnis. Und das, obwohl der Umsatz bei 2,34 Milliarden Euro stagnierte, das Geschäft im vierten Quartal einknickte.
„Ich bin da komplett anderer Meinung“
Ein schlechtes Vorzeichen für heuer sei das nicht: „In den ersten Monaten läuft es gut“, so Hörmanseder. Zur Schwarzmalerei der Branche, die vor Kurzem bei einer Konferenz ihren Konjunktursorgen Luft machte, sagt er nur: „Ich bin da komplett anderer Meinung.“ Vom vorher sehr hohen Produktionslevel jetzt ein wenig herunterzukommen, sei kein Problem.
Aufhorchen lassen hat Mayr-Melnhof zuletzt mit einem für Brancheninsider spektakulären Firmenkauf des in der Öffentlichkeit noch weniger bekannten Zigarettenindustrie-Zulieferers: Tann Paper aus Traun bei Linz. Dessen Weltmarktführerschaft bei Zigarettenfilterpapier will Mayr-Melnhof nutzen. An den Tann-Standorten in Kanada, auf den Philippinen, in Russland und China baut Mayr-Melnhof Faltschachtel-Einheiten auf. Die Produktionsstarts erwartet Hörmanseder 2020.
Industrie fragt neue Lösungen nach
Extrem zurückhaltend ist das international breit aufgestellte Unternehmen zur Frage, ob es demnächst vom zunehmenden Kampf gegen die Plastikflut profitieren werde. Plastik und Papier beziehungsweise Pappe hätten oft ganz unterschiedliche Funktionen zu erfüllen. Zu viele Hoffnungen auf schnelles „Umverpacken“ wollen die Karton-Experten nicht nähren. Aber definitiv frage die Industrie inzwischen neue Lösungen nach. Für eine Prognose, wie viele davon tragfähig seien, sei es zu früh. In ein bis zwei Jahren könnte das anders aussehen.
Claudia Haase