Das haben die Regierungsparteien in der aktuellen Sitzungsrunde des Nationalrats mit einem Abänderungsantrag zum Wirtschaftskammergesetz beschlossen. Wirtschaftsvertreter begrüßten die Entscheidung, von Umweltorganisationen und Opposition gab es indes Kritik.
Die Landeskammern können laut dem Beschluss gemäß Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) als Standortanwalt tätig werden, wenn Vorhaben Auswirkungen auf das jeweilige Bundesland als Wirtschaftsstandort haben. Bei größeren Infrastrukturprojekten wie dem Lobautunnel, dem Bau der dritten Piste am Flughafen Wien oder auch neuen großen Bahnterminals schlüpfen die Kammervertreter damit in die Rolle von Sachverständigen. Hintergrund des Regierungsvorhabens sind langjährige Verzögerungen bei großen Infrastrukturprojekten und vor allem die Aufregung um den Ausbau des Wiener Flughafens. Beim Verfahren zu diesem Großprojekt hatte das Bundesverwaltungsgericht eine Genehmigung mit dem Hinweis auf negative Klimafolgen zunächst ablehnt.
"Aufwind für Österreich als Wirtschaftsstandort"
Bisher wurde bei den "öffentlichen Interessen" nur die Seite des Umweltschutzes ins Treffen geführt, aber "öffentliche Interessen sind aber auch die positiven Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, die Versorgungssicherheit oder die Wertschöpfung. Diese Interessen wird künftig der Standortanwalt darstellen", schreibt Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer in einer Aussendung. Mahrer erhofft sich durch den Standortanwalt und das Standortentwicklungsgesetz Aufwind für Österreich als Wirtschaftsstandort.
Vor allem die Wiener Wirtschaftskammer um ihren Präsidenten Walter Ruck und seinen stellvertretender Direktor Alexander Biach hatte seit längerem die Installierung einer solchen Institution und deren Ansiedelung bei den Landeswirtschaftskammern gefordert. Die Wirtschaftskammer bekomme damit eine "neue wichtige Funktion und mehr Gewicht bei der positiven Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes", freute sich denn auch Ruck. Rolle des Standortanwaltes sollte es sein, einen Ausgleich zwischen den Anliegen der Projektwerber und Bürgerinitiativen und NGOs herzustellen. "Es geht darum, dass Projekte nicht abgelehnt werden, weil man nur eine Seite gehört hat. Bürgerinitiativen sollen natürlich weiter gehört werden", sagte Biach der APA.
"Generalangriff" auf den Umweltschutz
Kritik kam unterdessen von Umweltorganisationen. Wirtschaftslobbyisten würden künftig das öffentliche Interesse in Umweltverfahren zur Genehmigung von Großprojekten wie Schnellstraßen, Mülldeponien oder großen Kraftwerken vertreten, während Umweltschutzorganisationen aus der Umweltprüfung hinaus gedrängt würden, hieß es von Greenpeace. Die Regierung stelle Profit über Umweltschutz, der Umweltschutz werde weiter demontiert. Global 2000 sprach von einem "Generalangriff" auf den Umweltschutz. Die Umweltorganisation VIRUS monierte, dass die Landes-Standortanwälte "kompetenzwidrig der Bundesministerin Schramböck weisungsunterworfen sein sollen". Kritik kam auch von der Opposition im Parlament. Der Standortanwalt soll den Wirtschaftsstandort gegen allzu strenge Umweltauflagen schützen, so die generelle Befürchtung.
Der auf Umwelt- und Verwaltungsrecht spezialisierte Rechtsprofessor Daniel Ennöckl warnte unterdessen im "Standard" vor überzogenen Erwartungen und Erfolgsaussichten: Gehe der Standortanwalt gegen UVP-Auflagen vor, verzögere er ein Projekt, das er eigentlich beschleunigen soll.