Das von den Bahn-Arbeitgebern für Donnerstag angekündigte verbesserte Angebot ist bei der Gewerkschaft noch nicht angekommen. "Wir haben noch nichts erhalten", sagte vida-Chef Roman Hebenstreit am Freitagvormittag vor Journalisten in Wien. Nach einem zweistündigen Eisenbahner-Warnstreik am vergangenen Montag findet morgen, Samstag, bereits die zehnte KV-Verhandlungsrunde statt.
Die Gewerkschaft stellt sich auf einen Verhandlungsmarathon ein. "Am Samstag verhandeln wir so lange, bis wir fertig sind", kündigte Hebenstreit an. Über ein Scheitern der Verhandlungen am Wochenende und Streiks wollte er nicht spekulieren. "Ich hoffe nicht, dass die Arbeitgeber uns in diese Ecke treiben."
Gewerkschaft nennt noch immer keine Zahlen
Laut dem vida-Chef hätte man sich bis zur achten KV-Runde in den Verhandlungen angenähert, dann wollte die Arbeitgeberseite aber am vergangenen Sonntag mit einem "Forderungspapier" beim Rahmenrecht wieder "zurück an den Start". Bei der 9. KV-Verhandlungsrunde am Montagvormittag habe man nicht kommentarlos den Raum verlassen, sondern die Verhandlung sei unterbrochen worden, damit die Arbeitgeberseite sich beraten könne, sagte Hebenstreit.
Der angekündigte Warnstreik wurde dann Realität. Zwischen 12.00 und 14.00 Uhr stellten ÖBB, Westbahn und regionale Bahnunternehmen den gesamten Bahnverkehr ein, 100.000 Fahrgäste waren von den Verzögerungen bis in die Abendstunden betroffen. Auch der Güterverkehr stand zwei Stunden still.
Das Angebot der Arbeitgeberseite von 3,37 Prozent Lohn- und Gehaltsplus bezeichnete Hebenstreit als "Kreativrechnung", weil es Einmalzahlungen enthalte und sich nicht auf die KV-Gehaltstabelle und IST-Gehälter beziehe. Bei der Prozent-Forderung der Gewerkschaft ließ sich der vida-Chef aber nicht in die Karten blicken.
Änderungen im Rahmenrecht
Der vida-Chef sieht den Grund für den Personalmangel in der Bahnwirtschaft in den niedrigen Einstiegsgehältern und dem Lohnniveau. "Wir haben keinen Fachkräftemangel, sondern ein Bezahlproblem. Die Einstiegsgehälter bei Lokführern würden bei rund 1.800 Euro brutto (14-mal im Jahr) liegen. Die Gewerkschaft will durch Änderungen im Rahmenrecht (u.a. Sabbatical-Möglichkeit, Geld- und Zeitwertkonten, 4 -Tag-Woche) die Berufe im Bahnsektor wieder attraktiver machen. Der Personalbedarf steige durch Pensionierungen in den nächsten Jahren deutlich an und andere Branchen - wie etwa die Metallbranche - würden auch Bahnmitarbeiter aktiv abwerben, so der Bahngewerkschafter.
Die Bahnwirtschaft umfasst in Österreich rund 60 Bahnunternehmen mit 40.000 Beschäftigten. Der größte Player ist die staatliche ÖBB. Andere größere Betriebe sind die Graz-Köflacher Bahn und die mehrheitlich private Westbahn von Hans Peter Haselsteiner.