Nach den Metallern jetzt auch die Eisenbahner: Die Gewerkschaft Vida beschloss „nach intensiven Beratungen einstimmig über alle Fraktionen hinweg“ österreichweite Warnstreiks im gesamten Eisenbahnsektor, wie der ÖGB am späten Donnerstagnachmittag via Aussendung mitteilte. Der Beginn des Ausstandes sei für Montag angesetzt, Details wie Länge und Zeiten wollen die Gewerkschafter heute Mittag bekannt geben. In der Nacht davor war die achte Runde der KV-Verhandlungen ergebnislos abgebrochen worden. Im Schatten des aufsehenerregenden Konfliktes bei den Metallern sind auch die Gespräche bei den Eisenbahnern festgefahren.

„Jetzt wird es schnell sehr laut werden“, übte sich Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft Vida, in kämpferischer Pose. Deutlich auch die Reaktion auf der Arbeitgeberseite: „Der Warnstreik scheint mir eine Inszenierung zu sein“, sagte Thomas Scheiber, Chef des Fachverbandes Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer. „Ich bin für jeden Kampf am Verhandlungstisch bereit, aber ich habe kein Verständnis dafür, Fahrgäste in Geiselhaft zu nehmen.“ Es geht um einen KV-Abschluss für rund 40.000 Beschäftigte in mehr als 60 Unternehmen, wovon die ÖBB das mit Abstand größte sind. Auch dort wird an der Entscheidung der Gewerkschaft scharfe Kritik geübt.

„Wir werden Maßnahmen ergreifen, um die Auswirkungen auf unsere Fahrgäste zu mindern“, sagt Sprecher Bernhard Rieder, das heißt, in Bereichen werde man Verbindungen aufrechterhalten können. Doch werden wohl viele der im Schnitt täglich rund 800.000 Bahnkunden in Österreich den Warnstreik zu spüren bekommen. Über Details können die betroffenen Unternehmen auch erst heute sprechen.

Den letzten Eisenbahner-Streik gab's vor 15 Jahren

Dass sich die Verhandler bis Montag einigen, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Die Kluft zwischen den Sozialpartnern scheint tief. „Das letzte Angebot der Arbeitgeber hat inflationsbereinigt im Schnitt lediglich 15 Euro brutto im Monat ausgemacht“, so Hebenstreit. „Lächerlich“ nennt es die Gewerkschaft, dass ein Großteil der Eisenbahnunternehmen die Gehälter rückwirkend mit Oktober „freiwillig um drei Prozent erhöhen will“, wie Scheiber sagt. Er hält der Gewerkschaft vor, in Summe eine zweistellige Prozenterhöhung anzustreben – inklusive der geforderten Attraktivierungen im KV-Rahmenrecht. Vida wiederum nennt offiziell keine Lohnforderung, doch will sie dem Vernehmen nach fünf Prozent.

Arbeitskämpfe bei den Eisenbahnern in Österreich sind selten. Im vorigen Juli protestierten mehrere Tausend Bahnbedienstete gegen die Arbeitszeitpläne der Regierung mit Betriebsversammlungen. 250 von 5000 Zügen fielen aus. Auch 2014 kam es wegen festgefahrener KV-Verhandlungen zu Betriebsversammlungen.

Der letzte Eisenbahner-Streik datiert vom 12. bis 14. November 2003. Grund waren die damaligen Pläne der ÖVP/FPÖ-Regierung, die ÖBB aufzugliedern und in das Dienstrecht einzugreifen. Es war der längste Ausstand bei den ÖBB in der Zweiten Republik. Davor war im Frühjahr 2003 und zwei Mal im Jahr 1965 die Arbeit niedergelegt worden.