Während vor einem Jahr bei Bitcoin Kurssprünge von plus zehn Prozent in der Woche fast "normal" waren, ist es heuer wohl umgekehrt. Seit 15. November ist der Kurs der wichtigsten Kryptowährung von rund 6300 US-Dollar auf zuletzt 4432 US-Dollar gefallen. Das ist ein Minus von beinahe einem Drittel. Binnen eines zugeben turbulenten Jahres hat Bitcoin damit rund die Hälfte des Werts von November 2017 eingebüßt. Freilich vor zwei Jahren waren Bitcoin gerade mal 700 US-Dollar wert.
Diese Vergleiche zeigen, wie volatil und manipulationsanfällig die Cyberwährung ist. Denn auch der aktuelle Kursrutsch folgt eigentlich keiner typischen Marktlogik. Der Hintergrund ist ein beinharter Konflikt um Ressourcen. Denn um das Bitcoin-Universum am Laufen zu halten, benötigt es massive Rechenpower.
Die Überweisungen von Kryptowährungen werden bekanntlich in Blöcken gespeichert und verschlüsselt. Diese Aufgabe übernehmen sogenannte Miner mit ihren sehr speziellen Hochleistungscomputern, die inzwischen in Kollektiven arbeiten. Als Gegenleistung werden sie mit "neuen" Bitcoins belohnt. Allerdings bekommt nur der die Belohnung, der die Verschlüsselung der Blöcke als Erster zuwege bringt.
Die Geburt von Bitcoin Cash
Verschiedene andere technische Beschränkungen haben im Vorjahr teilweise dazu geführt, dass eine Bitcoin-Überweisung statt wenigen Sekunden sogar manchmal Stunden dauerte. Eine Gruppe von Krypto-Entwicklern rund um Roger Ver nutzte ein Update der Bitcoin-Software, um im Sommer 2017 eine Abspaltung zu schaffen. Bitcoin Cash war geboren. Heute zählt Bitcoin Cash zu den fünf größten Kryptowährungen.
Das Problem: Bitcoin und Bitcoin Cash brauchen beide Rechenpower. Und die Hersteller der Mining-Computer konnte die hohe Nachfrage bisher nicht decken. Die Miner müsse sich also entscheiden: Rechnen sie für Bitcoin, für Bitcoin Cash oder eine der vielen anderen Kryptowährungen.
Krypto-Bürgerkrieg
Doch nun geschieht mit Bitcoin Cash dasselbe, was mit Bitcoin geschah. Am 15. November wurde ein Software-Update eingespielt. Bitcoin Cash spaltete sich auf in Bitcoin Cash ABC (BCHABC), unterstützt von der Gruppe rund um Roger Ver, und Bitcoin Cash SV (BCHSV), angeführt von Craig S. Wright.
Der Australier wurde bekannt, weil er behauptet, der legendäre Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto zu sein. In der Community wird das bezweifelt.
Wright will Bitcoin Cash umfassend umbauen, um sie der Vision von Satoshi Nakamoto näherzubringen. Ver wiederum will nur moderate Änderungen vornehmen. Welche Seite sich durchsetzen wird, hängt an der Rechenkraft, die eingesetzt wird. Wer mehr Blöcke schreibt, gewinnt das Rennen. Am Ende entscheiden also die Miner.
Alle verlieren
In diesem Duell gibt es allerdings keine Gewinner, wie der aktuelle Kurssturz zeigt. Er fand seinen Anfang mit der Abspaltung am 15. November. Der Kurs von Bitcoin Cash ABC hat sich binnen einer Woche mehr als halbiert und lag zuletzt bei rund 241 US-Dollar. Noch schlimmer steht es um Bitcoin Cash SV.
Wright erklärt, warum er SV abspaltet:
Sie wird derzeit mit 56 US-Dollar gehandelt. Derzeit sieht es so aus, als ob Bitcoin Cash ABC sich durchsetzt. Dennoch läuft auch Bitcoin Cash SV weiter. Es wird vermutet, dass Wright den Kurs von SV durch Verkäufe von Bitcoin stützt. Er hat nach eigenen Angaben mehr als eine Million Bitcoins.
Doch dieser "Krypto-Bürgerkriegs" verunsichert immer mehr Anleger. Sowohl große als auch Anleger sehen jetzt wohl die Zeit gekommen, ihr Investment abzuziehen. Die Kurse aller Kryptowährungen sind im freien Fall. Bitcoin verlor wie erwähnt fast 2000 US-Dollar binnen einer Woche. Ethereum rasselte von 210 US-Dollar auf rund 130 US-Dollar. Lite-Coin, einer der ersten Bitcoin-Klone fiel innerhalb von sieben Tagen von 50 US-Doller auf 32 US-Doller. Dennoch: Wer vor zwei Jahren gekauft hat, kann sich noch immer über 500 Prozent Gewinn freuen.
Roman Vilgut