Österreich habe seit 2010 derartige auf EU-Recht basierende Urteile nicht in nationales Recht umgesetzt, kritisierte Oberösterreichs Arbeiterkammerpräsident Johann Kalliauer. Der EuGH entschied, dass - nur weil der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat - der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht automatisch verfallen dürfe und immer ausbezahlt werden müsse. Anlassfall waren zwei Fälle in Deutschland, die von den nationalen Gerichten an den EuGH verwiesen worden waren. Dieser betonte nun, dass der Arbeitnehmer im Verhältnis zu seinem Chef die schwächere Partei sei. Deshalb könne er davon abgeschreckt werden, auf sein Urlaubsrecht zu bestehen. Verfallen dürfe der Urlaub oder eine entsprechende Ausgleichszahlung nach EU-Recht nur dann, wenn der Arbeitgeber nachweisen könne, dass er seinen Angestellten angemessen aufgeklärt und in die Lage versetzt habe, den Urlaub zu nehmen, dieser aber aus freien Stücken darauf verzichtet habe.
Bisherige in Österreich gefällte Urteile überholt?
Der Präsident der Arbeiterkammer Oberösterreich verweist darauf, das sich das Urteil auf die europäische Grundrechtscharta beziehe und besage, dass Arbeitnehmer dort festgeschriebene Rechte auch gegen anderslautendes nationales Rechts durchsetzen können. In dieser Charta ist auch die Arbeitszeitrichtlinie des EU-Rechtes enthalten, diese wird auch in der Begründung des Urteils angeführt. Damit hat der EuGH für die Arbeiterkammer ausgesagt, dass Arbeitnehmer gegenüber ihrem privaten Arbeitgeber den Anspruch aus dem Urlaubsrecht aufgrund des Vorranges der Grundrechtscharta vor nationalem Recht durchsetzen können.
Damit sind für Kalliauer bisherige in Österreich gefällte Urteile überholt. Als Beispiel nennt er einen Entscheid des Obersten Gerichtshofes (OGH), dass bei einem Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit der offene Urlaub aus der Vollzeitbeschäftigung abgewertet werden kann, obwohl dies nach EuGH-Urteilen unzulässig ist. Die Begründung des OGH habe in diesem Fall gelautet, dass die EU-Richtlinie nicht gegenüber einem privaten Arbeitnehmer gelte. Ein weiterer Paragraf des österreichischen Urlaubsgesetzes bewirke, dass Arbeitnehmer bei unbegründetem Austritt den Anspruch auf Auszahlung des offenen Urlaubsanspruches verlieren. Auch hier habe der EuGH bereits mehrfach anders entschieden. Laut dem AK-Präsident "darf mit Spannung darauf gewartet werden, ob der österreichische Gesetzgeber nun aktiv wird oder wie bisher die Arbeit den Gerichten überlässt".