Sammelklagen wie in den USA kennt das deutsche Recht nicht. Nur mit dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz - kurz KapMuG genannt - werden erstmals im deutschen Recht vergleichbare kapitalmarktrechtliche Klagen von Anlegern im Streitfall zwischen Unternehmen und Aktionären effektiv gebündelt.
Die Begründung für das Gesetz lautete 2005, dass Massenklagen nach der bestehenden Zivilprozessordnung nicht mehr zu bewältigen seien.
Im Kern geht es darum, zentrale Rechtsfragen sämtlicher Fälle vorab von der nächsthöheren Instanz verbindlich entscheiden zu lassen - noch bevor ein Urteil der niedrigeren Instanz vorliegt. Dafür wird aus den ähnlich gelagerten Klagen ein Fall als Exempel herausgegriffen, die übrigen anhängigen Klagen werden ausgesetzt. Im Fall von Volkswagen machen die Kläger Forderungen von fast neun Mrd. Euro geltend. Im Musterverfahren selbst, das am Montag vor dem Oberlandesgericht Braunschweig begann, liegt der Streitwert bei knapp vier Mrd. Euro.
Liegt der Musterentscheid vor, ist er für die Gerichte in allen zuvor ausgesetzten Verfahren bindend. Da das KapMuG gewissermaßen nur zentrale Fragen vorab klären lässt, ist es nicht mit Sammelklagen zu vergleichen, die etwa das US-Rechtssystem kennt ("class action"). In den USA müssen Kläger nicht ihren individuellen Schaden nachweisen, sondern nur ihre Zugehörigkeit zur betroffenen Gruppe ("class"). Daher münden Sammelklagen dort oft in große Vergleiche.