In einer mit Spannung erwarteten Telefonkonferenz mit Tausenden Investoren und Volkswirten demonstrierte Finanzminister Berat Albayrak - der Schwiegersohn von Präsident Recep Tayyip Erdogan - am Donnerstag Zuversicht und Gelassenheit: Sein Land werde gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Der Bankensektor sei gesund und komme mit den aktuellen Schwankungen zurecht. Die Regierung würde aber nicht zögern, der Branche unter die Arme zu greifen. Die Türkei habe dagegen jedoch nicht vor, Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) anzunehmen. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz signalisierte, Deutschland habe ein Interesse daran, dass die Türkei die jüngsten Turbulenzen bewältige.
"Haben es mit Markt-Anomalien zu tun"
Der türkische Finanzminister erklärte, man habe es derzeit mit Markt-Anomalien zu tun. Die Türkei sei sich der Herausforderungen bewusst. Die hohe Inflation von mehr als 15 Prozent zu drücken, habe für ihn höchste Priorität. Nötig sei ein ausgewogenes und koordiniertes Vorgehen in der Geld- und Fiskalpolitik. Kapitalverkehrskontrollen würden niemals auf der Agenda stehen. Es habe aber auch zuletzt keine größeren Abflüsse bei Bankguthaben gegeben, versicherte Albayrak.
Die Landeswährung Lira hat seit Jahresbeginn rund 40 Prozent zum Dollar verloren und fiel zuletzt auf ein Rekordtief. Die Krise ausgelöst hatten Sorgen von Investoren über den wachsenden Einfluss Erdogans auf die Wirtschaft und die Geldpolitik. Am Donnerstag stützten die Aussagen Albayraks die türkische Währung: Der Dollar verlor im Gegenzug bis zu fünf Prozent und kostete 5,6645 Lira.
Ausgabenpolitik soll straffer werden
Das Land werde seine Haushaltsziele durch eine straffere Ausgabenpolitik erreichen, sagte Albayrak weiter. Der Fokus liege zudem darauf, ausländische Direktinvestitionen ins Land zu holen - wie zuletzt die milliardenschweren Zusagen Katars. Zum Streit mit den USA sagte er, weltweit seien viele Staaten mit amerikanischen Sanktionen konfrontiert. Die Antwort darauf sollten koordinierte Schritte sein. Die Türkei werde durch diese Phase zusammen mit anderen Ländern wie Deutschland, Russland und China navigieren. Der Präsidialamtssprecher ergänzte später, die Krise mit den USA könne der Türkei auch neue Möglichkeiten eröffnen. Sein Land habe in der Weltpolitik und bei Energiefragen Alternativen.
Ein Sprecher von Scholz sagte: "Der Minister hat das deutsche Interesse an einer wirtschaftlich stabilen Türkei bekundet." Der SPD-Politiker habe seinen türkischen Kollegen für die zweite September-Hälfte nach Berlin eingeladen, bei dem der Besuch von Erdogan in Deutschland vorbereitet werden soll.
Ein IWF-Programm lehnt die Türkei ab, weil solche Hilfen stets mit wirtschaftspolitischen Auflagen verbunden sind. Dagegen würde Deutschland Regierungskreisen zufolge IWF-Hilfen für die Türkei befürworten: "Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass ein IWF-Programm für die Türkei hilfreich sein könnte", sagte ein Insider zu Reuters.