Die Opposition brachte laut Parlamentskorrespondenz europarechtliche Bedenken vor und wollte anhängige Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (OGH) abwarten. Der Gesetzesentwurf sieht im Falle einer mangelhaften Belehrung folgendes vor: Bei einem Rücktritt im ersten Jahr soll die gesamte Prämie einschließlich der Abschlusskosten aber ohne Zinsen rückerstattet werden. Ab dem zweiten bis Ende des fünften Jahres wird der Rückkaufswert ohne Abschlusskosten und ohne Stornogebühren rückerstattet werden. Ab dem sechsten Jahr solle es nur mehr der Rückkaufswert ohne Stornogebühren sein.

Das ewige Rücktrittsrecht von Lebensversicherungsverträgen bei mangelhafter Belehrung beschäftigt seit längerem die Gerichte. Seit einem Spruch des Europäischen Gerichtshof (EuGH) aus dem Jahr 2013 und einem österreichischen Folgeentscheid des Obersten Gerichtshofs (OGH) können nämlich mangelhaft über ihr Rücktrittsrecht aufgeklärte Versicherungsnehmer potenziell ewig von ihrem Vertrag zurücktrete. Die Rechtslage ist aber nicht ganz eindeutig, so haben bisher nicht alle Versicherungsnehmer, die den Rücktritt bei Gericht eingeklagt haben, Recht bekommen. Die Versicherungswirtschaft spricht sich für ein einheitliches Rücktrittsrecht aus.

"Ausgewogene Regelung gefunden"

Man habe eine ausgewogene Regelung gefunden, so ÖVP-Finanzsprecher Karlheinz Kopf laut Parlamentskorrespondenz. Die neue Regelung solle mit Jahresbeginn 2019 in Kraft treten. Der Gesetzesvorschlag der Regierung sei EU-konform, so Kopf, der sich dabei auf mehrere Expertengutachten gestützt und auch gegen eine Ersatzgesetzgebung durch den OGH argumentiert habe. Die derzeitige Rechtslage erfordere Rechtssicherheit, sagte Hermann Brückl (FPÖ). Es sei nun ein Kompromiss gefunden worden, der für Versicherungen und Konsumenten tragbar sei, erklärte er die Zustimmung der FPÖ.

Kopf ließ heute auf Nachfrage von SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer einen Abänderungsantrag in Zweiter Lesung des Nationalrates nächste Woche offen. Dort könnten legistische Mängel, insbesondere die Anregungen des Justizministeriums, ausgebessert werden. Der ÖVP-Finanzsprecher habe eine sorgfältige Prüfung der Gesetzesinitiative bis zur kommenden Plenardebatte versprochen, heißt es in der Parlamentskorrespondenz.

Belehrungen über das Rücktrittsrecht

Die SPÖ stimmte aus mehreren Gründen dagegen: Neben dem Konsumentenschutz und europarechtlichen Bedenken wurde die Ablehnung auch mit einer möglichen Staatshaftung begründet. Demnach könnten innerhalb einer kurzen Zeitspanne mehrere Millionen Versicherungsverträge gekündigt werden, was durch die Versicherungsbranche nicht getragen werden könne. In Folge könnte die Staatshaftung zu Tragen kommen. Befürwortet wurde von Krainer die Vereinheitlichung der Rücktrittsmöglichkeiten und das neue Musterformular für Belehrungen über das Rücktrittsrecht.

Liste-Pilz-Klubobmann Bruno Rossman begründete die Ablehnung damit, dass das Gesetz dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz widerspreche und stützte sich dabei auf das eigens beauftragte Gutachten des Europarechtlers und Anwalts Gregor Maderbacher. Die NEOS ließen sich eine Zustimmung im Parlament offen. Sie stimmten heute aufgrund der kurzen Begutachtungsfrist dagegen und behielten sich eine Zustimmung - nach ausführlicher Prüfung bis zur Plenardebatte - vor. Karin Doppelbauer verwies insbesondere auf die Stellungnahme des Justizministeriums, die mehrere legistische Mängel aufgezeigt habe.