Die Aufschläge auf Produkte wie Jeans, Bourbon-Whiskey und Motorräder traten um Mitternacht in Kraft. Die EU-Zölle sind eine Reaktion auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium aus der EU, die bereits seit dem 1. Juni erhoben werden. Die EU hatte ihre Gegenzölle vorsorglich schon vor Wochen bei der Welthandelsorganisation WTO angemeldet.
Die EU-Zusatzzölle sollen nun in einem ersten Schritt auf jährliche US-Importe im Gegenwert von 2,8 Milliarden Euro erhoben werden. "Wir wollten nicht in diese Lage kommen", betonte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Wegen der einseitigen Entscheidung der USA bleibe der EU aber keine andere Wahl. Wenn die USA ihre Zölle zurücknehmen, fielen auch die EU-Maßnahmen weg. Die EU hatte durch Gespräche auf allen Ebenen lange versucht, die US-Zölle zu verhindern.
Preiserhöhungen für Konsumenten
Die Konsumenten in Europa müssen durch die von der EU verhängten Vergeltungszölle auf US-Produkte wie Jeans, Whiskey, Mais und Motorräder früher oder später mit Preissteigerungen rechnen. Davon geht die Außenhandelsvereinigung des deutschen Einzelhandels (AVE) aus.
"Im Lebensmittelbereich könnten höhere Preise schon bald spürbar sein, weil hier die Margen besonders gering sind, bei der Mode wegen der langfristig vereinbarten Kollektionen etwas später", sagte AVE-Präsident Matthias Händle der Deutschen Presse-Agentur. Doch Anlass zu Hamsterkäufen besteht nicht, wie eine Umfrage unter Branchenverbänden ergab.
Beispiel Jeans: "Die meisten Jeans kommen gar nicht aus den USA", betont Thomas Rasch vom Modeverband Deutschland Germanfashion. Auch wenn die Hosen Namen wie Levi's oder Wrangler trügen, produziert würden sie meist "in der Türkei oder sonst wo". Die Vergeltungszölle seien ein politisches Signal, werden aber keine spürbaren Auswirkungen auf den deutschen Textilmarkt haben, ist der Branchenkenner überzeugt. Wenn überhaupt, dann treffe es einzelne besonders hippe Teile aus den Kollektionen von US-Designern, aber bei denen spiele der Preis ohnehin nur eine untergeordnete Rolle.
Ausweichen auf andere Lieferanten
Etwas anders ist die Situation bei Agrarprodukten wie Reis, Mais oder Orangensaft. Bei Mais etwa sind die USA immerhin der drittgrößte Lieferant für die EU, wie Wienke von Schenck von der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft (AMI) betont. Doch auch hier kommt ein wesentlich größerer Teil der Ware aus der Ukraine und aus Brasilien. Bei Reis sind China, Indien und Indonesien wichtige Lieferanten, bei Orangensaft Brasilien und China.
"Importeure werden versuchen, wo möglich auf Lieferanten aus anderen Ländern auszuweichen", prognostiziert AVE-Präsident Händle deshalb. Doch auch wenn dies in einigen Fällen nicht gelingt, dürften die Auswirkungen für die deutschen Verbraucher häufig nicht so gravierend sein, wie es der 25-prozentige Strafzoll vermuten lässt. "Bei vielen Produkten werden sich die Strafzölle nicht eins zu eins in den Verbraucherpreisen widerspiegeln", betont Christian Böttcher vom Handelsverband Lebensmittel.
Denn die Produkte würden häufig noch veredelt, bevor sie in den Handel gelangten. Der aus den USA importierte Mais wird laut AMI ganz überwiegend als Tierfutter verwendet und landet deshalb später eher in Form von Rindersteaks auf dem Tisch. Außerdem wird Mais häufig zu Tortillas, Chips oder Corn Flakes weiterverarbeitet. Die Kosten für den Mais inklusive Zusatzzoll seien dann nur noch ein Teil der gesamten Herstellungskosten - und nicht unbedingt der wichtigste.
Preise steigen nicht sofort
Nach Einschätzung des AVE-Präsidenten haben die Verbraucher ohnehin noch eine Atempause, bis die Preissteigerungen bei ihnen ankommen. "Es ist unwahrscheinlich, dass wir sofort höhere Preise sehen werden", meint Händle. Zum einen liege noch einiges an Ware bereits verzollt in den Lagern. Zum anderen verhindere der harte Wettbewerb im deutschen Handel, dass höhere Importkosten eins zu eins an die Verbraucher weitergereicht würden.
Die großen deutschen Supermarktketten und Diskonter hielten sich zunächst mit Prognosen über die künftige Preisentwicklung zurück. "Ob, wann und in welchem Umfang sich die Strafzölle auf ausgewählte US-Produkte preislich auswirken werden, kann derzeit noch nicht vorhergesagt werden", hieß es bei Rewe. Edeka wollte sich "aus Wettbewerbsgründen" nicht äußern. Auch Aldi Süd schwieg lieber.
Schmerzhaft spürbar könnten die Zölle aber durchaus für eingefleischte Liebhaber typisch amerikanischer "Spezialitäten" wie Bourbon Whiskey oder Harley Davidson Motorräder werden. Harley Davidson kündigte bereits an: "Wir untersuchen zurzeit die möglichen Auswirkungen auf unsere Kunden und unser Geschäft."
Mit den am Freitag in Kraft getretenen Vergeltungszöllen von 25 Prozent unter anderem auf Whiskey, Jeans, Reis, Mais und Motorräder aus den USA reagiert die EU auf zuvor von US-Präsident Donald Trump verhängten Sonderabgaben auf Stahl- und Aluminiumprodukte aus Europa.
Trump droht mit Zöllen auf europäische Autos
Trump hatte für den Fall europäischer Gegenzölle bereits mit Strafzöllen auch auf europäische Autos und Autoteile gedroht. Autozölle würden vor allem die deutschen Hersteller treffen.
Wegen der Einführung von Strafzöllen stehen die USA derzeit auch mit anderen Ländern im Handelsstreit. Am vergangenen Freitag hatte Trump zusätzliche Strafzölle von 25 Prozent auf 1102 Produkte aus China im Wert von 50 Milliarden US-Dollar (42,7 Mrd Euro) verhängt. Peking brachte daraufhin Vergeltungszölle auf US-Waren im Wert von ebenfalls 50 Milliarden Dollar auf den Weg. Auch Russland kündigte Zusatzzölle auf ausgewählte Importe aus den USA an.