Der Stahlkonzern voestalpine, der stark im Automobilzulieferbereich und in den USA engagiert ist, reagiert mit Bedauern auf die Entscheidung der US-Regierung per sofort Importzölle auf Stahl und Aluminium einzuheben. "Die langfristigen Auswirkungen auf das globale wirtschaftliche Gefüge und den Freihandel sind aus heutiger Sicht noch nicht abschätzbar", meinte CEO Wolfgang Eder am Freitag.

Bezüglich Auswirkungen auf die voestalpine gibt sich Eder nach wie vor gelassen: "Faktum ist, dass maximal etwa 3 Prozent des aktuellen voestalpine-Konzernumsatzes von den US-Zöllen betroffen sein können", teilte er in einer ersten Reaktion auf die US-Maßnahme mit. Damit bleibe das wirtschaftliche Risiko für die Voest "selbst in einem Extremfall sehr überschaubar".

Schutz vor Dumping: "EU ist nun gefordert"

"Die EU ist nun gefordert, möglichst rasch Maßnahmen einzuleiten, um europäische Hersteller vor Importen mit Dumpingcharakter aus anderen Weltregionen infolge der zunehmenden Abschottung des US-Marktes zu schützen", betonte Eder.

Es sei bedauerlich, dass die bis zuletzt mit der EU intensiv geführten Verhandlungen zu keinem Umdenken des amerikanischen Präsidenten geführt hätten. "Als Unternehmen haben wir uns auf alle Eventualitäten vorbereitet und nehmen den Beschluss der US-Administration zur Kenntnis", so der Konzernchef.

Die voestalpine befasse sich schon seit längerem intensiv mit möglichen Konsequenzen derartiger Maßnahmen auf ihr Geschäft in den USA bzw. auf ihre Beziehungen mit den USA. Das oberösterreichische Unternehmen richtete vor mehr als einem Jahr eine "Taskforce USA" zur Beobachtung der US-Entwicklungen ein, die den heutigen Angaben zufolge aktuell aus elf Mitarbeitern aus den USA und Österreich besteht.

Anträge auf Ausnahmen eingebracht

Die Voest habe in den vergangenen Jahren in den USA 1,4 Mrd. Dollar (1,2 Mrd. Euro) in die Produktion von Hightech-Produkten investiert und rund 3.000 lokale Arbeitsplätze geschaffen. Rund zwei Drittel seiner US-Umsätze in Höhe von etwa 1,2 Mrd. Euro (2017) generiert das Unternehmen laut Eigenangaben als lokaler Erzeuger in den USA und ist daher mit diesen Aktivitäten von den US-Importzöllen "nicht berührt".

"In wieweit die übrigen Umsätze von den Importrestriktionen betroffen sind, ist bereits seit einiger Zeit in eingehender Prüfung", hieß es am Freitag weiters. Parallel dazu laufe die Erarbeitung von Alternativkonzepten. In Ergänzung dazu habe die voestalpine in den vergangenen Monaten bereits "umfassende Anträge auf Ausnahmen von den Strafzöllen" auf ihre Produkte eingereicht - bisher jedoch offenbar ohne jegliches Echo: "Bisher wurden auf Basis des heutigen Wissensstandes nach keine dieser Anträge (weder von voestalpine noch von Partnern oder Kunden) seitens der US-Administration bearbeitet."

AMAG: US-Importzölle schmälern Gewinn 

Der Alu-Konzern AMAG in Ranshofen ist von den Zöllen jedenfall betroffen. Die USA sind für die AMAG ein wichtiger Markt. Lieferungen dorthin werden jetzt teurer. Die US-Strafzölle werden den AMAG-Gewinn schmälern, nach bisherigen Angaben um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag.

Diese ersten Schätzungen stammen von Anfang März. Am Freitag, nachdem Washington seine Zoll-Ankündigungen umgesetzt hat, gab es keine zusätzliche Stellungnahme von der AMAG.

In den USA ist die AMAG ein langjähriger Zulieferer u.a. des Flugzeugbauers Boeing. Erst im Mai wurde eine weitere Vertragsverlängerung bekanntgegeben. Mit seinen Walzprodukten ist das oberösterreichische Unternehmen in allen Verkehrsflugzeugen von Boeing vertreten.

Überhaupt erschweren aktuell US-Importzölle und Russland-Sanktionen die Prognosen für die AMAG-Gewinne im Jahr 2018. Nach dem ersten Quartal hat der Alu-Betrieb deshalb nur eine recht große Bandbreite genannt, das erwartete Bruttoergebnis kann nur auf 20 Millionen genau angegeben werden: das EBITDA (Ergebnis vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen) wird demnach zwischen 150 und 170 Mio. Euro (Vorjahr: 164 Mio. Euro) gesehen.

Keine eigene US-Produktion

Eine eigene Produktion hat die AMAG in den USA nicht, allerdings wird in Kanada in einem Joint Venture produziert, das massiv für den US-Markt arbeitet. Neben den Ländern der EU sind auch Kanada und Mexiko von den Strafzöllen betroffen. Vor wenigen Wochen noch hatte die AMAG zumindest für den kanadischen Teil der Produktion noch Ausnahmen erwartet.

Gerade voriges Jahr hat die AMAG in Österreich ein 300 Mio. Euro teures Alu-Kaltwalzwerk eröffnet. Ein Teil des geplanten Absatzwachstums auf über 300.000 Tonnen Walzprodukte soll in den USA stattfinden, hat die AMAG wiederholt betont. Für 2018 wurde im März ein US-Absatz von rund 35.000 Tonnen Walzprodukte erwartet. Mit 20 Prozent sind die Österreicher an der kanadischen Elektrolyse Alouette beteiligt; der AMAG-Produktionsanteil von rund 120.000 Tonnen Primäraluminium wird annähernd zur Gänze in die USA exportiert.

Die Papiere des Alu-Konzerns AMAG notierten Freitagvormittag um 2 Prozent unter dem Wert vom Mittwoch, nach Handelsbeginn war der Kurs kurzzeitig um bis zu 5,9 Prozent abgesackt.

Österreichs Stahlindustrie fürchtet Umwegimporte

Die heimische Stahlindustrie wünscht sich "eine entschlossene und angemessene Reaktion der EU" auf die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium, ohne die Gesprächskanäle mit den USA zu schließen. Wichtig sei die Verhinderung von "Umwegimporten", wenn sich also bisher in die USA verkaufte Produkte als Alternative den Weg in die EU oder nach Österreich suchen.

Die EU habe 2017 bereits mit rund 40 Mio. Tonnen mehr Stahl importiert als je zuvor. Nun drohten "massive negative Konsequenzen, wenn als indirekte Folge der US-Zölle verstärkt Billig-Stahl insbesondere aus China nach Europa kommt". Internationale Experten schätzten, dass die Stahl- und Aluminiumimporte in die EU infolge der US-Zölle zumindest um ein Drittel steigen werden, schreibt Roman Stiftner, Geschäftsführer der Fachverbände Bergbau-Stahl sowie Nichteisen-Metall der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), in einer Aussendung. Er plädiert für "eine starke gemeinsame Antwort der EU, die auch Schutzmaßnahmen für die europäische Stahl- und Aluminiumindustrie beinhalten muss."

Auslöser des Konflikts seien globale Überkapazitäten, vor allem nach dem Bau neuer Stahl- und Aluminiumwerke in China. Diese Überkapazitäten aber auch weltweite kapazitäts- und marktverzerrende Subventionen und staatliche Stützungsmaßnahmen müssten beseitigt werden.

Österreichs Stahl- und Aluminiumindustrie liefere hoch spezialisierte Waren in die USA, die dort großteils nicht in der Menge und Qualität erzeugt werden können. "Es liegt daher auch im Interesse der amerikanischen Unternehmen, weiterhin diese Produkte ohne Mehrkosten einsetzen zu können. Mit den jetzigen Strafzöllen schneiden sich die Amerikaner eigentlich ins eigene Fleisch", argumentiert Stiftner.

Österreich hat 2017 200.000 Tonnen Stahl und Stahlprodukte mit einem Wert von etwa 400 Millionen Euro sowie rund 40.000 Tonnen Aluminium und Aluminiumprodukte im Wert von 170 Millionen Euro in die USA exportiert.