Der Handelsstreit zwischen den USA und den Europäern droht trotz monatelanger Verhandlungen zu eskalieren. Die Trump-Regierung macht ernst und brummt Unternehmen aus der EU Strafzölle auf. In einer ersten Reaktion sprach EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von "purem Protektionismus". Die Überkapazitäten im Stahlsektor seien nicht auf die EU zurückzuführen - der Angriff auf genau jene Länder, die nicht verantwortlich seien, spiele denen in die Hände, die das Problem verursachen. Juncker: "Es bleibt uns keine andere Wahl, als die WTO anzurufen und gleichermaßen Zölle zu erhöhen." Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte: "Heute ist ein schlechter Tag für den weltweiten Handel." Man habe alles versucht, diese Situation zu verhindern.

Unternehmen aus der Europäischen Union (EU) müssen künftig Strafzölle auf Exporte von Stahl und Aluminium in die USA zahlen. Das gab US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross am Donnerstag in einer Telefonkonferenz bekannt.

Ausnahmeregelung läuft aus

Die bis zum 1. Juni erteilte Ausnahmeregelung läuft auch für die US-Nachbarn Kanada und Mexiko aus, mit denen sich die USA gerade in den Verhandlungen über die Fortsetzung des gemeinsamen Freihandelsabkommens NAFTA befinden. "Wir freuen uns darauf, die Verhandlungen mit Mexiko und Kanada einerseits, und mit der Europäischen Kommission auf der anderen Seite fortzuführen", sagte Ross. Es gebe weitere Probleme zu lösen.

Die Europäer hatten seit Monaten mit Washington über die angekündigten Zölle von 25 Prozent auf Einfuhren von Stahlprodukten und zehn Prozent auf Aluminium gestritten. Die EU wollte sich nicht erpressen lassen und verlangte, von den Zöllen bedingungslos und unbefristet ausgenommen zu werden. Erst dann sollte über mögliche Handelserleichterungen für die US-Wirtschaft gesprochen werden. Dazu sagte Ross: "Wir waren nicht bereit, diese Bedingung zu erfüllen."

Ausfuhrobergrenzen zur Debatte gestellt

Die USA stellten als Alternative für die Zölle Ausfuhrobergrenzen zur Debatte. Dies hätte nach Berechnungen des US-Handelsministerium den gleichen Effekt auf die angestrebte höhere Auslastung der US-Stahlindustrie wie die Strafzölle.

Bis zuletzt war um einen Kompromiss gerungen worden. Doch auch ein Krisengespräch zwischen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Ross am Rande einer Konferenz der Industrieländerorganisation OECD in Paris brachte am Mittwoch keinen Durchbruch.

So reagiert jetzt die EU

Brüssel hatte zugleich angekündigt, auf Zollerhebungen zu reagieren und ihrerseits Zölle auf US-Produkte wie Motorräder, Whiskey und Jeans zu erheben. Trump brachte daraufhin Einfuhrzölle von bis zu 25 Prozent auf Autos ins Spiel. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte noch am Donnerstag bekräftigt, es werde eine starke Antwort der EU geben. Ross warnte die Europäer dagegen vor einer Eskalation, falls sie mit Vergeltungszöllen antworten.

"Das ist ein schlechter Tag für den Welthandel", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstag. Die EU werde "in den nächsten Stunden" Gegenmaßnahmen ankündigen.

Kurz: EU muss mit Gegenmaßnahmen reagieren

"Die EU möchte keinen Handelskrieg mit den USA, bei dem am Ende nur beide Seiten verlieren", betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz in einer ersten Stellungnahme gegenüber der APA. Wenn die USA nun aber bedauerlicherweise diesen Weg beschritten, müsse die EU mit Gegenmaßnahmen und in der WTO reagieren.

"Wir sind gut darauf vorbereitet", so der Kanzler. "Generell müssen wir alles tun, damit wir als Standort wettbewerbsfähig sind." Dazu gehörten auch gute Handelsbeziehungen mit Staaten wie den USA. Gerade als Kanzler eines exportorientierten Landes wie Österreich, wo jeder zweite Arbeitsplatz am Export hänge, sei ihm das auch wichtig. Österreich profitiere vom Handel mit den USA und hätte sich erwartet, dass keine neuen Handelsbarrieren geschaffen werden.

"Die Strafzölle der USA sind der falsche Weg und gefährden europäische Wirtschaftsinteressen", ist Kurz überzeugt.

Wirtschaftsministeri: "Trump handelt unverantwortlich"

Österreichs Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) reagiert empört: "Mit den USA verbinden uns seit vielen Jahren enge Wirtschaftsbeziehungen - dass US-Präsident Trump diese mit der Verhängung von Strafzöllen aufs Spiel setzt, ist unverantwortlich", sagte sie am Donnerstag zur APA.

Die EU müsse nun "geschlossen vorgehen und angemessene Gegenmaßnahmen setzen". Angemessen heiße: "Wir nutzen den Rahmen der WTO nicht komplett aus oder lassen es weiter eskalieren, setzen aber ein Zeichen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen." Die Hand werde jedoch auch weiterhin ausgestreckt sein. "Gerade in dieser Situation ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben und die Kommunikationskanäle offen zu halten, damit sich die Situation beruhigt", so die Ministerin.

Die heutige Entscheidung zeige eines ganz deutlich: "Wir dürfen uns nicht nur auf die USA verlassen und wie das Kaninchen auf die Schlange nach Amerika blicken." Ein exportorientiertes Land wie Österreich, in dem sechs von zehn Euro im Export erwirtschaftet werden, brauche starke Wirtschaftspartnerschaften, beispielsweise mit China, Singapur, Japan oder Kanada. "Protektionismus und protektionistische Vorgehensweisen sind in jeden Fall abzulehnen."