Rund 10.000 Studenten (inklusive „Graduates“) treiben 1500 Start-ups am Campus voran. Am spannendsten geht es dabei am Massachusetts Institute of Technology im Keller zu. Dort liegen die meisten Labors. Im Biomimetics Robotics Lab bewegt sich „Cheetah“ wie ein Leopard, für seine Metallsprunggelenke hat man eigene Motoren entwickelt. „Die Natur lehrt, dass vier Beine besser sind, auch für Rettungsroboter zum Beispiel bei Atomunfällen“, erklärt Sang-bae Kim den Cheetah, der mit dem selbstlernenden Sprachcomputer Alexa auch spricht.
Daneben basteln er und seine Studenten an „Hermes“, der Menschen aus brennenden Häusern retten soll, gelenkt mit synchronen Bewegungen eines Menschen aus sicherer Entfernung.
Noch atemberaubender geht es auf dem weitläufigen Campus im MIT Media Lab zu, dem, wie man sagt, verrücktesten Labor der Welt. „Wir haben Kontaktlinsen entwickelt, die fotografieren können. Aber hier darf man keine Fotos machen“, erklärt Toby Amos die Labors auf drei Stockwerken zur Geheimsache. Dabei blickt man in fantastische Zukunftsbastelstuben. Roboterarme zwischen Klavier und Geigen – „hier machen sie Roboter für die Opernbühne“. Aber das Labor „Opera of the Future“ erforscht eigentlich, „wie Musik, Komposition und Interpretation zu innovativen Formen, zu Lernen und Gesundheit führen kann“. Daneben laufen biomechatronische Klonversuche mit Krisper, dem Austauschen von DNA-Teilen.
In der nächsten Koje werden Sensoren, die im Körper Gesundheitsdaten sammeln, erprobt. Für City Science hat man aus Lego ein wie Manhattan leuchtendes Andorra aufgebaut, um per Simulation die Tour-de- France-Zielankunft zu optimieren. „Bei allem ist wichtig, welche ethischen Effekte die Technologie hat“, erklärt Amos, „dazu haben wir eine Moralmaschine entwickelt, die Ethikstandards erfragt, zum Beispiel ob beim autonomen Fahren bei einem Unfall Fahrer oder Fußgänger als Überlebende wichtiger sind.“
In fast allen Versuchen werden Methoden und Ansätze künstlicher Intelligenz verwendet, „man versucht aber jetzt häufiger, den Ausdruck zu vermeiden, um die Leute in Boston nicht vor den Robotern zu verschrecken“, erzählt Irena, die über den weitläufigen Campus auch hin zum MIT-Segelhafen führt, wo die „autonome Marine“ unbemannte Boote steuert, oder zu den unverkennbar von Frank O. Gehry, dem Architekten des Guggenheim-Museums von Bilbao, entworfenen „AI-Labs“, wo gezielt an künstlicher Intelligenz geforscht wird.
Einen Fuß in der Tür zur atemberaubenden Technologieschmiede des MIT, die streng geheimen Lincoln Labs für Militärforschung natürlich ausgenommen, haben auch österreichische Unternehmen. Eine bestehende Kooperation der Bundeswirtschaftskammer mit dem MIT vertieft nun ein weitreichender Vertrag für Innovationspartnerschaft, den Präsident Christoph Leitl diese Woche mit der – mit 20 Chemiepatenten dekorierten – MIT-Dekanin Karen Gleason unterzeichnete. „Wir öffnen unseren Unternehmen, vor allem den KMU, das Tor zum Wissen, zu Partnern und Finanzierungen für Innovation“, erklärte Leitl. „Besonders interessant ist es für Start-ups und Unternehmen aus dem Bereich Life Science wie Medizin- und Biotechnologie“, sprach Karl Kostner, MIT-Direktor für Unternehmenskooperationen, eine Stärke Österreichs an.
Die seit 1. September von Michael Otter geleitete Außenwirtschaft mit weltweit 35 Innovationszentren wird vierteljährlich Delegationen mit Forschern und Unternehmen ans MIT führen. Eine weitere, von Vizepräsident Jürgen Roth im Silicon Valley vorbereitete Innovationspartnerschaft wird Leitl morgen an der Stanford University in Kalifornien vertraglich fixieren. In Boston reicht die Partnerschaft mit dem MIT durch die enge Vernetzung in enger Nachbarschaft im Stadtteil Cambridge bis in die Harvard Business School sowie Harvard Engineering School, die Leitl am Mittwoch besuchte. Hier gibt es Forschungskooperationen bis zu Solarenergie und Klimaschutz.
In diesem spannenden Umfeld von MIT und Harvard ist für österreichische Unternehmen nun auch eine Landezone in den USA eingerichtet. Im Cambridge Innovation Center CIC gleich neben dem MIT-Campus, das in einem Hochhaus Start-ups unter einem Dach mit Apple und Microsoft unterbringt, wird der sehr erfolgreiche German Accelerator für Life Science ACI offizieller Partner des „Landing-Zone-Programms“. Hier können Firmen, vor allem im Bereich Digital Health, die wichtigen persönlichen Netzwerke zu Partnern und Investoren finden, bekräftigte ACI-Strategiechefin Annika Pierson bei der Vertragsunterzeichnung mit Leitl.
Von einem „Trump-Kater“ ist in der Forschungsmetropole wenig spürbar. „Wir sind hier in Cambridge und eine pluralistische Gesellschaft. Was Trump sagt, ist nicht durchdacht. Er hat keine Ahnung von Innovation“, betonte CIC-Gründer Tim Rowe den Blick der Wirtschaft nach vorne. In den USA würden junge Unternehmen im Jahr drei Millionen neue Jobs schaffen, während Firmen älter als sechs Jahre jährlich eine Million verlieren würden.
Im CIC, das seit Gründung Start-ups mit vierzigtausend Jobs bei zweieinhalb Milliarden Dollar Fundraising betreute, bleiben startende Firmen, derzeit achthundert, im Schnitt drei Jahre. Manche gehen schon früher weg, auch weil sie müssen, so Rowe, wie eine Firma für fliegende Autos, die brauchte einen Flughafen.
Adolf Winkler